Der Verbrauch an Blutzellen ist wirklich enorm! Daher müssen jede Sekunde etwa 2 Millionen Blutzellen neugebildet werden. Dies geschieht während der sogenannten Hämatopoese, also der Blutzellbildung bzw. Blutbildung.
Alle Blutzellen entstehen im roten Knochenmark und gehen auf gemeinsame pluripotente Stammzellen zurück. Ein Teil der Stammzellen teilt sich in identische Tochterzellen und erhält den Stammzell-Pool. Ein anderer Teil differenziert sich in Vorläuferzellen (progenitor cells), die nur noch ein eingeschränktes Entwicklungspotenzial besitzen.
Da diese Vorläufer sich unter Laborbedingungen weiter teilen und reife Blutzellen bilden, bezeichnet man sie auch als colony forming units (CFUs). Im Knochenmark teilen sich die Vorläuferzellen weiter und reifen zu den endgültigen Blutzellen (Erythrozyten, Lymphozyten, Granulozyten, Monozyten und Thrombozyten) heran (Abb. 6.8). Das Schicksal der Vorläuferzellen wird aber nicht zufällig bestimmt, sondern durch die Anwesenheit bestimmter Faktoren, den sogenannten Hämatopoetinen (z. B. Erythropoetin, Thrombopoetin, colony stimulating factor [CSF]). So führt Erythropoetin zur Bildung von Erythrozyten und entsprechend Thrombopoetin zur Bildung von Thrombozyten.
Vor der Geburt findet die Hämatopoese in der Leber und in der Milz statt, später dann zusätzlich im Knochenmark und beim gesunden Erwachsenen schließlich nur noch im roten Knochenmark, das sich vor allem in platten und kurzen Knochen, wie dem Beckenknochen, Kniescheiben und Rippen befindet. Dies ist auch der Grund, warum bei Knochenmarksspenden häufig das Becken punktiert wird. Die Hämatopoese, besonders aber die Leukopoese, ist beispielsweise bei der Leukämie (ugs. Blutkrebs) gestört. Hierbei ist das rote Knochenmark derart verändert, dass es überschießend funktionsunfähige Blutzellen bildet und somit die gesunden Blutzellen verdrängt. Die Behandlung hängt grundsätzlich von der Art der Leukämie ab. Häufig sind Patienten aber auf eine Knochenmarkstransplantation angewiesen.