Das Ruhepotential beschreibt das im Grundzustand vorliegende Membranpotential einer erregbaren Nervenzelle. Dieses ist essenziell für die Funktionalität der Nervenzelle, da es das schnelle Ablaufen eines Aktionspotenzials überhaupt erst ermöglicht. Im Ruhepotential beträgt die Potentialdifferenz zwischen dem negativen Zellinneren und dem extrazellulären Raum etwa -70 mV. Um zu verstehen, wie es zu dieser Potentialdifferenz kommt, muss ein Blick auf die Ionenkonzentration sowie die an der Zelle wirkenden (bio)chemischen und physikalischen Faktoren geworfen werden:
Faktoren:
Auf die jeweiligen Ionen wirken unterschiedliche Faktoren, die zu der beschriebenen Verteilung beitragen. Zu jedem Zeitpunkt streben die Ionen einen Konzentrations- (chemischer Gradient) sowie einen Spannungsausgleich (elektrische Gradient) an. Ist die intrazelluläre Konzentration einer Ionenart höher als die Konzentration im Extrazellularraum, sind die Ionen bestrebt nach außen zu diffundieren. Ist die Ladung im intrazellulären Raum negativ, sind negativ geladene
Ionen bestrebt in den Extrazellulärraum zu diffundieren, während positiv geladene Ionen im intrazellulären Raum gehalten werden. Auf die Verteilung wirken zudem die Permeabilität der Membran sowie bestimmte Ionenpumpen (z.B. Natrium-Kalium-Pumpe). Einige Ionen können die Membran nur durch bestimmte Rezeptoren passieren. Somit ist die Verteilung auch von der Öffnungswahrscheinlichkeit dieser Rezeptoren abhängig
Die positiv geladenen Natrium-Ionen liegen größtenteils extrazellulär vor und sind durch zwei Kräfte bestrebt in das Zellinnere zu gelangen: Sie werden sowohl durch das Konzentrationsgefälle als auch den elektrischen Gradienten (—70 mV) in die Zelle getrieben. Die Membran ist allerdings nicht für Na⁺ durchlässig, und so können sie ihrem doppelten Drang in die Zelle zu diffundieren nicht nachkommen.
Die positiv geladenen Kalium-Ionen sind zwar membrangängig und möchten aufgrund des Konzentrationsgefälle aus der Zelle herausdiffundieren, werden jedoch durch das Spannungspotential in der Zelle gehalten. Da beide Kräfte etwa gleich stark auf die Kalium-Ionen wirken, heben sie sich gegenseitig auf. Dennoch strömen kleinere Mengen Kalium-Ionen aus der Zelle heraus.
Für die negativen Chlorid-Ionen sieht es ähnlich wie für K⁺ aus. Durch das Konzentrationsgefälle werden sie in die Zelle getrieben, während die intrazelluläre Ladung dem entgegenwirkt. Sie bleiben jedoch auch deshalb im extrazellulären Raum, weil sie nur schlecht bis gar nicht die Membran durchdringen können.
Die negativen organischen Anionen (z.B. Proteine und DNA) würden in den positiveren Extrazellularraum diffundieren, um einen Konzentrations- und Ladungsausgleich zu schaffen, sind jedoch zu groß und können somit die Zellmembran nicht passieren. Die negativen organischen Anionen sind ein ausschlaggebender Faktor für den negativen Intrazellularraum.
Ein Teil der Kalium- und Natrium-Ionen passiert sowohl im Ruhezustand als auch während des Aktionspotenzials die Membran. Um die Ionenverteilung aufrecht zu erhalten ist ein Mechanismus notwendig, um die Ionen wieder zurück zu transportieren und somit das Ruhepotenzial zu erhalten. Ansonsten würde das Ruhepotential immer weiter abflachen. Eine Zelle ohne Ruhepotential ist keine erregbare Zelle mehr und kann kein weiteres Aktionspotential ausbilden. Um dieses Abflachen zu verhindern sind in der Membran sogenannte Kalium-Natrium-Pumpen eingebaut.
Dieser Transporter sorgt für eine Aufrechterhaltung des Ruhepotentials. Dabei werden unter Spaltung von ATP zu ADP und Phosphat Natrium-Ionen des intrazellulären Raumes gegen Kalium-Ionen des extrazellulären Raumes ausgetauscht. Diese Form des Transports nennt man aktiven Transport. Die Ionen werden im Verhältnis 3:2 getauscht. Drei Natriumionen werden aus der Zelle transportiert, während zwei Kaliumionen zurück in die Zelle gebracht werden. So werden die Konzentrationsgradienten der Ionen langfristig konstant gehalten, was essenzielle Bedeutung für das Ruhemembranpotential hat.