Sprache und Öffentlichkeit
Die Rubrik „Sprache und Öffentlichkeit“ umfasst einige Themen, die behandelt werden können, aber nicht alle behandelt werden müssen. Dies erkennst du unter anderem daran, dass die verschiedenen Themen mit einem „oder“ getrennt werden und der Kontext, in dem die Themen jeweils behandelt werden sollen, bewusst schwammig gehalten wird (Auszug aus dem Kerncurriculum Deutsch 2020: „Reden oder Flugschriften oder Essays in unterschiedlichen historischen, politischen und kommunikativen Kontexten“).
Bei dem Thema Sprache und Öffentlichkeit wäre es deshalb nicht sinnvoll, dich mit Informationen zu überschütten, da die verschiedenen Textsorten nicht alle vorausgesetzt werden und du die Texte ohnehin selbst verfassen oder auch interpretieren musst.
Daher geben wir dir hier einige Definitionen zu den wichtigsten Begriffen, die du beim Oberthema Sprache und Öffentlichkeit kennen musst. Du kannst dann die Texte entsprechend selbst schreiben oder analysieren und in den gegebenen historischen/kommunikativen/medialen/politischen Kontext setzen.
- Rede: Eine Rede ist eine im Voraus überlegte, mündliche Mitteilung, die von einer bzw. mehreren Personen an eine Zuhörerschaft gerichtet ist. Eine Rede kann dabei sowohl der mündliche Vortrag als auch das schriftliche Manuskript sein. Wichtig zu betrachten sind der Zweck und der Anlass der Rede, das Publikum (Wer ist das? Welche Rolle spielt das für die Gestaltung der Rede?), der Ort und die Zeit. Diese Zuordnung ist besonders wichtig, damit auch erklärt werden kann, warum zu dieser Zeit auf diese Weise über das Thema gesprochen wird. In einer Rede sind zudem oft persönliche Meinungen eingeflochten und häufig soll das Publikum von einem Standpunkt überzeugt oder über etwas informiert werden. Laut Abiturerlass ist es möglich, dass du eine Rede analysieren musst, es kann aber genauso sein, dass du mit Hilfe verschiedener Materialien eine eigene Rede verfassen sollst. Dafür ist es wichtig, rhetorische Mittel und sprachliche Gestaltungsmöglichkeiten zu beherrschen.
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Flugschrift: Im Gegensatz zum einseitigen Flugblatt besteht eine Flugschrift immer aus mehreren Seiten. „Flug-“ ist dabei sowohl auf die nicht gebundene Form als auch auf die schnelle Verbreitung bezogen.
Die typischen Zwecke von Flugschriften waren bzw. sind: Aktuelle Informationen, politische Propaganda und kontroverse Meinungen schnell zu verbreiten. Sie werden meistens anonym oder unter einem Pseudonym verfasst und oft steht eine politische oder religiöse Gruppe dahinter. Es gab in der Vergangenheit aber auch Flugschriften, die von der Regierung oder Obrigkeiten herausgegeben wurden. Besonders wichtig waren Flugschriften in Kriegen und bei Revolutionen. Martin Luther beispielsweise verbreitete seine Reformationsgedanken vielfältig über Flugschriften und auch in der Französischen Revolution waren sie ein wichtiger Bestandteil von Informations- und Meinungsaustausch. Ein bekanntes und vermutlich von euch allen gelesenes Beispiel aus dem Deutschunterricht ist „Der hessische Landbote“ von Georg Büchner. - Essay: Ein Essay ist eine persönliche Auseinandersetzung eines Autors zu einem wissenschaftlich, kulturell oder gesellschaftlich relevanten Thema.
Es kann sein, dass im schriftlichen Abitur ein Essay mit Hilfe von Materialien verfasst werden soll. Außerdem ist es natürlich möglich, dass du im schriftlichen oder mündlichen Abitur einen Essay zur Analyse bekommst.
- Kommentar: Ein Kommentar ist ein meinungsbildender journalistischer Text. Der Autor bzw. die Autorin gibt seine/ihre persönliche Meinung wieder, meistens zu einem aktuellen und gesellschaftlich relevanten Thema. Kommentare erscheinen meistens in Zeitungen oder Zeitschriften und sind in der Regel auch als solche klar am Ende gekennzeichnet. Außerdem wird der Name des Autors (ggf. ein Pseudonym) genannt. Es ist ein Hauptmerkmal dieser Textsorte, dass es kein neutraler, sondern ein wertender und subjektiver Text ist. Wichtige Charakteristika sind eine meistens reißerische Überschrift, kurze und prägnante Sätze, Stilmittel wie Ironie oder Sarkasmus und ein aggressiver oder unterhaltsamer Sprachstil. Der Kommentator möchte meistens nicht nur seine Meinung mitteilen, sondern den Leser auch überzeugen, und gibt Argumente für seine Haltung oder These.
Es kann sein, dass im schriftlichen Abitur ein Kommentar mit Hilfe von Materialien verfasst werden soll. Außerdem ist es natürlich möglich, dass du im schriftlichen oder mündlichen Abitur einen Kommentar zur Analyse bekommst.
Argumentative Strukturen und persuasiv-manipulative Strategien
In allen oben genannten Textsorten kommen argumentative Strukturen und persuasiv-manipulative Strategien vor. Solltest du selbst eine Rede, einen Kommentar oder einen Essay verfassen müssen, ist es sinnvoll, solche Strukturen und Strategien zu kennen und verwenden zu können.
Die hier dargestellten Beispiele der Political Correctness und der Inszenierten Öffentlichkeit sind per se keine argumentativen Strukturen und auch keine persuasiv-manipulativen Strategien, sondern Themenvorschläge aus dem Kerncurriculum, mit denen man sich selbst kritisch auseinandersetzen sollte.
- Political Correctness: Es gibt zwei verschiedene Verwendungen des Begriffs:
Mithilfe von Political Correctness soll Diskriminierung im Sprachgebrauch vermieden werden. Stattdessen sollen Minderheiten gestärkt und moralischen Normen entsprechende Formulierungen genutzt werden.
Die zweite Bedeutung ist, dass unter Political Correctness zu viel Rücksichtnahme eines Politikers verstanden wird. Der betreffende Politiker hält zu sehr am Gewohnten fest (wegen Zensur, wegen des Gefühls eines gesellschaftlichen Tabus o.ä.) und ist korrekt, statt frei und offen zu reden.
In Deutschland versteht man unter „politischer Korrektheit“ vor allem einen Sprachgebrauch, der frei von Diskriminierung ist und Minderheiten respektiert. Es ist eine große Debatte, wie weit die Political Correctness im alltäglichen Sprachgebrauch gehen soll. Ein Beispiel für politische Korrektheit im Alltag ist das Gendern in Universitäten und Schulen (z.B. „Studierende“ statt „Studenten“) oder auch quotierte Rednerlisten, bei denen immer abwechselnd männliche und weibliche Personen reden.
- Inszenierte Öffentlichkeit: Ein Beispiel zum Erklären des Begriffs sind Influencer bzw. Influencer Marketing über soziale Medien. Eine prominente Person verfolgt ein bestimmtes Konzept der Selbstdarstellung. Meistens ist dies mit Managern, Stylisten und anderen Personen im Umfeld abgestimmt und umfasst das Aussehen, Interview-Antworten, öffentliche Auftritte und die Darstellung des Privatlebens. Ein Beispiel ist Angelina Jolie, die große Teile ihres Privatlebens an die Öffentlichkeit gibt: Sie zeigt sich in Afrika, während sie tatkräftig die Entwicklungshilfe unterstützt, und möchte damit ein positives Bild von sich schaffen. Sie wirkt hilfsbereit, selbstlos und bekommt Anerkennung von der Gesellschaft. Grundsätzlich muss man sich bewusst sein, dass nahezu jeder öffentliche Auftritt von Prominenten, Politikern usw. inszeniert ist. Die Personen wollen damit die Öffentlichkeit beeinflussen und ein bestimmtes Verhalten hervorrufen.
Das Aufgabenformat des material-gestützten Schreibens
Neben der Analyse wurde vor einigen Jahren eine neue Form des Umgangs mit Texten eingeführt: Das materialgestützte Schreiben informierender oder argumentierender Texte. Der Schwerpunkt liegt hierbei laut Kerncurriculum auf den Textsorten „Rede, Kommentar, Essay“. Das heißt, es kann sein, dass du im schriftlichen Abitur die Aufgabe bekommst, mit Hilfe verschiedener Materialien einen eigenen, meinungsbetonten Text zu verfassen.
Materialgestütztes Schreiben: Wenn du einen materialgestützten Text schreiben sollst, kannst du nach folgendem Schema vorgehen:
- Material lesen bzw. überfliegen (oft sind es verschiedene Textsorten bzw. Textausschnitte zu einem Thema)
- Textsorte, Autor, Quellen und Kontexte herausfiltern
- Texte auf Objektivität und Glaubwürdigkeit bzw. Wahrheitsgehalt prüfen
- Zu den jeweiligen Texten das eigene Hintergrundwissen notieren (welche Fakten weiß ich zu dem Thema?)
- Prägnante Zitate in den Texten suchen, die du in deinem eigenen Text gebrauchen kannst
- Gliederung für den eigenen Text erstellen und Notizen zum Inhalt machen (Einleitung ins Thema, Hauptteil, Schluss mit Zusammenfassung bzw. persönlicher Einschätzung bzw. Ausblick u.ä. passend zur Aufgabenstellung)
- Text schreiben, je nach geforderter Textsorte bzw. an den Leser anpassen
Wichtig ist, dass du nicht den roten Faden verlierst und das Material, schon bevor du deinen Text schreibst, für dich logisch ordnest und Schwerpunkte festlegst, die du immer wieder aufgreifst. Wenn du Zitate einbaust, sind außerdem die Zitier-Regeln zu beachten!