Faust beschließt nach der Unterhaltung die sich bietende Gelegenheit zu nutzen und mit Wagner einen österlichen Spaziergang vor den Toren der Stadt, also in der Natur und unter den einfachen Leuten zu machen. Zu Beginn der Szene lernen wir eine große Bandbreite der mittelalterlichen Gesellschaft kennen, die ihren Feiertag genießt. Die Jugend tanzt, trinkt und flirtet ausgelassen, die Älteren schimpfen über die örtliche Politik in Form des Bürgermeisters und freuen sich gleichzeitig, dass sie in Frieden leben können, während in anderen Ländern Krieg herrscht, von dem sie gerne hören, ihn jedoch nicht selbst erleben wollen. Einige Soldaten singen ein Lied.
Diese Einblicke in die verschiedenen Typen dörflicher Bürger erschaffen ein idyllisches Bild: Der Frühling bricht an, das Osterfest symbolisiert Auferstehung und Glück, die Menschen genießen ihr Leben, sie hinterfragen nicht die göttliche Ordnung, sondern sind fest in ihrem christlichen Glauben und zufrieden damit. Ihnen geht es hauptsächlich darum, durch materiellen Besitz gut leben und sexuelle Erfolge bzw. glückliche Beziehungen aufbauen zu können. Diese Lebensziele werden auch im Lied der Soldaten zusammengefasst: Die zu erobernde Burg und die zu erobernden Mädchen stehen für ein wohl situiertes Haus und eine glückliche, wobei auch erotische Beziehung/sexuellen Erfolg.
Beim Auftritt Fausts zeigt sich dessen aufgehellte Stimmung, die durch den Frühlingsanfang und seinen Aufenthalt in der Natur hervorgerufen wird. Er freut sich über den schwindenden Schnee, sieht, wie die Natur nach „Bildung“ (gemeint ist neues Austreiben der Pflanzen etc.) strebt und beobachtet die fröhlichen Menschen, die außerhalb der engen Stadt ihr Leben genießen.
Faust erkennt, dass die Menschen von innen heraus zufrieden sind, weil sie an ihre Religion glauben und auch daran, dass diese Religion ihr irdisches Dasein begründet. Diese einfachen Menschen sind eben einfach Menschen, sie streben nicht nach höherer Erkenntnis. So begründet sich auch Fausts Ausruf „Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!“. Für einen kurzen Augenblick kann er sich einfach den menschlichen Sinnen und Trieben hingeben und sein Streben nach Transzendenz vergessen.
Wagner hingegen kann diesem ganzen „Rohen“ nichts abgewinnen, er sieht nur, wie diese ungebildete Schicht ausgelassen feiert und will sich davon abgrenzen.
Es zeigt sich wieder, dass Wagner eine Gegenfigur zu Faust ist: Während Faust versucht, die Gründe für das Verhalten und die Stimmung der Menschen zu erkennen, ist Wagner nur in der Lage das Offensichtliche zu beschreiben.
Bei ihrem weiteren Spaziergang hören die beiden ein Lied der Bauern, in dem diese von einem Schäfer singen, der unter einer Linde beim Tanz ein junges Mädchen verführt.
Dieses Lied deutet bereits auf die Gretchentragödie voraus: Auch Faust, ein deutlich älterer Mann, wird das junge Gretchen verführen.
Schließlich kommen die beiden zu einem alten Bauern, der Faust als Gelehrtem Hochachtung zollt. Dieser habe zusammen mit seinem Vater etliche Menschen vor dem Tod durch die Pest bewahrt. Dieses Lob beeindruckt Wagner nachhaltig, Faust jedoch kann ihm nichts abgewinnen, ist er doch davon überzeugt, dass sein Vater und er mehr Menschen auf dem Gewissen haben als die Pest, weil sein Vater, ein Alchemist, ein giftiges Heilmittel zusammengemischt hat und sie es den Patienten als Medizin gegeben haben. Wagner entschuldigt dies und kann nicht verstehen, warum Faust sich grämt: Sein Vater habe nach bestem Gewissen gehandelt und Faust könne nun dessen Irrtum durch weitere Forschung beheben. Faust kann dieser Entschuldigung nichts abgewinnen und glaubt nicht mehr an den Fortschritt durch die Wissenschaft. Er beendet dieses Thema, indem er den Sonnenuntergang beobachtet.
Durch dieses Gespräch wird deutlich, dass nicht allein das Scheitern von Fausts Erkenntnisgewinn seinen Zweifel an der Wissenschaft begründet. Vielmehr hadert er mit der Erfolgs- und Ruhmsucht der Wissenschaftler, die ihn als jungen Mann zum Mörder gemacht haben.
Der Sonnenuntergang ruft in Faust wieder eine tiefe innere Begeisterung hervor, er imaginiert einen Aufbruch in die weite Welt und zur Erkenntnis über den Sinn des Daseins. Jedoch ist ihm bewusst, dass sein Geist an seinen Körper gebunden ist und ihm dadurch dieser Aufbruch zu höheren Sphären versagt bleibt. Wagner kann die Gedanken Fausts nicht nachfühlen, die Natur bedeutet für ihn nur einen kurzen Zeitvertreib, der schnell langweilig wird, während Bücher ihn völlig befriedigen. Darauf reagiert Faust mit dem Wunsch für Wagner, dass dieser niemals den zweiten Teil seiner Seele erkennen solle. Wagner kennt nur das Streben nach Gelehrigkeit, Faust hingegen leidet unter einer tiefen inneren Spannung: Er habe zwei Seelen, die sich voneinander trennen wollten, die eine klammere sich an die Welt, während die andere zu den „Gefilden hoher Ahnen“ strebe.
In diesem einen Ausruf („Zwei Seelen wohnen, ach! In meiner Brust“) wird der existenzielle Konflikt Fausts nun nochmal sehr klar definiert: Der eine Teil von Faust will ein sinnliches, körperliches und damit menschliches Leben („Die eine hält, in derber Liebeslust, // Sich an die Welt mit klammernden Organen“), der andere Teil wünscht sich, dass die Seele sich von den materiellen Zwängen (gemeint sind Zwänge der Materie, also der Körper) lösen kann, um nicht nur die Erde, sondern auch die Geisterwelt und den Himmel zu erkunden, also göttliches Wissen zu erlangen („die andre hebt gewaltsam sich von Dust // Zu den Gefilden hoher Ahnen.// Oh gibt es Geister in der Luft, // Die zwischen Erd und Himmel herrschend weben,// So steiget nieder aus dem goldnen Duft// Und führt mich weg zu neuem, bunten Leben!“).
Diese zwei Seelen in Faust wecken den Wunsch nach der sogenannten Weltfahrt, die mit Mephistos Hilfe beginnen wird.
Wagner erschreckt ob dieses Anrufes, dass die Geister Faust holen sollen, und warnt ihn vor diesen. Faust jedoch bleibt unbeeindruckt, er ist mit seinen Gedanken bereits woanders: Er hat einen Pudel entdeckt, der ihnen folgt und merkwürdiges Verhalten an den Tag legt. Wagner erklärt dieses Verhalten für normal, während Faust durchaus skeptisch ist, den Hund aber dennoch mit nach Hause nimmt.
Fausts Wunsch nach Weltfahrt, vor allem nach einem „neuen, bunten Leben“ und damit nach menschlichen Erfahrungen hat Mephisto auf den Plan gerufen, dieser nähert sich ihm in Gestalt des Pudels. Damit wird Mephistos Ziel in Erinnerung gerufen: Er will Faust dazu bringen, sein Streben nach Erkenntnis zu beenden, um zu beweisen, dass dieser göttliche Trieb verloren gehen kann, der Mensch träge wird. Dies wiederum würde beweisen, dass Gott unrecht hat und der Mensch das Streben als höhere Bestimmung nicht durchhält, sondern durch seine menschliche Materie gefangen ist.
Während Wagner wieder einmal nicht in der Lage ist, das innere Wesen überhaupt zu hinterfragen, erkennt Faust bereits, dass es sich hier um etwas Geisterhaftes/Magisches handeln muss.
Kurz nach dem Osterspaziergang und noch immer von den positiven Eindrücken der Natur und der Menschen beeindruckt, kehrt Faust mit dem Pudel in sein Studierzimmer zurück. Er fühlt in seinem Inneren eine „bessere Seele“ geweckt und kann sogar seinem Studierzimmer mit dem warmen Licht etwas Positives abgewinnen. In dieser harmonischen Stimmung stört allein der Pudel, der durch sein Knurren und das Hin- und Herlaufen Unruhe verbreitet.
Dieser Anfang zeigt, dass Faust voller Hoffnung und Zufriedenheit zurückkehrt, er glaubt, den Sinn des Lebens wiedergefunden zu haben. Dies ist natürlich nicht im Sinne Mephistos, sodass es alles tut, um die innere Ruhe und Ausgeglichenheit Fausts zu stören.
Diese Störung durch den Pudel vertreibt schnell die „Befriedigung“, die Faust jedoch versucht festzuhalten, sodass er sich nun der Übersetzung des Johannes-Evangeliums widmet, in der Hoffnung, dadurch neue Offenbarung zu erfahren. Doch schon beim ersten Satz stockt Faust, er hadert damit, wie er das griechische Wort „logos“ (Rede, Urteil, Begriff, Vernunft, Sinn, Gott, Kraft, Tat) übersetzen soll. Nach mehrmaligen Fehlversuchen – weder Wort, noch Sinn oder Kraft treffen seiner Meinung nach zu – entscheidet er sich für die Übersetzung „Im Anfang war die Tat!“. Dabei beginnt der Pudel plötzlich unruhig zu werden, sodass Faust ihn gerne aus der Zelle verbannen will. In diesem Moment jedoch bemerkt er, dass sich die Gestalt des Pudels wandelt.
In diesem kurzen Ausschnitt der Übersetzung steckt quasi die komplette Entwicklung Fausts: Weil er nicht mehr an die Wissenschaft und die Lehre aus den Büchern glaubt, kann am Anfang der Schöpfung nicht das Wort oder der Sinn sein, vielmehr entschließt er sich für die Tat. Dieses kleine Wort zeugt von dem bereits in der Wette zwischen Gott und Mephisto angeführten höheren Trieb des Menschen: Dieser muss immer tätig sein und streben, sich nicht einfach in seinem Lebensgenuss ausruhen und verweilen. Somit wird Faust hier wieder als Vertreter der Menschheit und der Verkörperung des göttlichen Menschenbildes präsentiert. Dass der Pudel alias Mephisto gerade bei diesem Wort unruhig wird, ist damit ebenfalls geklärt: Er will ja gerade beweisen, dass der Mensch von diesem Streben abkommen kann, dass er durch die Erfahrung des Genusses träge wird und aufhört nach Höherem zu streben.
Während auf dem Gang ein Geisterchor schon die Wahrheit verkündet, versucht Faust diesen Geist mit einem Spruch zu bannen. Als dies nicht gelingt, erkennt er, dass es sich nicht um einen Erd-, Feuer, Wasser- oder Luftgeist handeln kann, sodass er an einen Höllenbewohner glaubt und zum Kreuz greift. Einige Momente später offenbart sich des Pudels Kern (V. 1323). Der Pudel verwandelt sich, im Zimmer steigt Nebel auf und aus diesem tritt Mephisto hervor, der sich als fahrender Scholastikus, also ein reisender Student, getarnt hat.
Diese Verkleidung hat zwei Funktionen: Einerseits kann Mephisto so ganz pragmatisch als Begleiter eines Professors auftreten, ohne dass irgendjemand dies hinterfragen würde. Andererseits deutet sie schon auf die Weltfahrt, auf die der Teufel Faust mitnehmen wird, hin, denn als „fahrender Scholastikus“ reist man mehrere Jahre lang von Universität zu Universität, um seine Erkenntnisse zu mehren.
Wortgewandt stellt Mephisto sich auf Nachfrage Fausts gleichsam als Personifikation des Bösen vor (V. 1342ff), macht aber auch deutlich, dass er „[e]in Teil von jener Kraft,// Die stets das Böse will und stets das Gute schafft“ und „der Geist, der stets verneint“ ist. Es folgt eine weitere Vorstellung seiner Herkunft, so sei er ein Teil der Finsternis, die ursprünglich alles war, bevor das Licht die Finsternis als Herrscherin verdrängt hat. Schließlich bedauert er, dass er zwar immerfort versucht, die Welt zu zerstören und das Nichts entstehen zu lassen, ihm dies jedoch nicht gelingt, weil immer wieder automatisch Neues entsteht. Dadurch erkennt Faust, wen er vor sich hat: den Teufel.
Diese Vorstellung Mephistos gibt einen tiefen Einblick in dessen Wesen und Funktion für das Drama: Mephisto wird eben nicht als Gegenspieler zu Gott vorgestellt, sondern als Teil der Schöpfung, der zwar immer das Böse erschaffen will, damit jedoch das Gute hervorbringt. Was soll das? Indem er den Menschen dazu verleiten will, seinem mephistophelischen Seelenteil nachzugeben, also sich den sinnlichen Genüssen hinzugeben und das Streben nach höherer Erkenntnis aufzugeben, verleitet er den Menschen dazu, nur einen Teil seiner Seele zu befriedigen. Daraus muss resultieren, dass der zweite Teil wieder den Wunsch weckt nach Erkenntnis zu streben, also dem göttlichen Menschenbild zu entsprechen. Gleichsam ist er der „Geist, der stets verneint“, also ein unnachgiebiger Kritiker, der versucht, die ständige Entstehung der Schöpfung auszuhebeln. Dies gelingt ihm jedoch nicht, wenn er etwas zerstört muss es neu entstehen. Hier wird die Polarität der Welt aufgegriffen: Ohne das Entstehen gibt es keine Zerstörung und ohne die Zerstörung gibt es kein Entstehen. Mephisto spielt also als unfreiwilliger Diener Gottes seine Rolle in der Schöpfung. Er treibt das Streben der Dinge, vor allem aber auch der Menschen voran und erfüllt so Gottes Plan, während er vermeintlich versucht seine eigenen Ziele zu erreichen.
Faust lässt sich von dieser Tatsache jedoch nicht abschrecken. Im Gegenteil: Als Mephisto darum bittet, sich entfernen zu dürfen, versteht Faust nicht, warum dieser nicht einfach geht, lädt ihn aber auch ein, wiederzukommen. Nach dem Geständnis Mephistos, dass er aufgrund verschiedener Regeln der Hölle sowie eines Pentagramms über Fausts Tür nicht entkommen kann, freut sich der Professor und will mit dem Teufel einen Pakt schließen, was jener jedoch vorerst ausschlägt (V. 1414) und auf einen späteren Zeitpunkt vertagen will. Weil Faust ihn allerdings nicht gehen lassen will, greift Mephisto zu einem Trick: Er zeigt ihm seine Künste und verspricht Faust ein Erlebnis für alle Sinne, was dieser mit Begeisterung aufnimmt. Daraufhin ruft Mephisto Geister herbei, die Faust in eine Traumwelt singen, die nur so von Genuss und Harmonie überläuft. Als Faust schließlich eingeschlafen ist, entkommt Mephisto mit Hilfe einer Ratte, die das Pentagramm zernagt. Kurz nach dessen Verschwinden erwacht Faust und verzweifelt, weil er den Teufel nicht bannen und damit seinem Ziel der höheren Erkenntnis nicht näherkommen konnte.
Mit dem Traum zeigt Mephisto seinen Plan auf, Faust vom intellektuellen Streben abzubringen, indem er ihn mit Sinnlichkeit manipuliert (V. 1436). Damit handelt es sich hier um eine Vorausdeutung auf die Weltfahrt, die in Bälde folgen wird. Der Versuch ist bereits gelungen, denn als Mephisto verschwindet, sehnt sich Faust verzweifelt nach dessen Wiederkehr und den sinnlichen Eindrücken.