Als erste Station steuern die zwei Auerbachs Keller in Leipzig an. Dort soll Faust zunächst ein paar Eindrücke von dem Leben gewinnen, das die einfachen Leute führen. In Auerbachs Keller treffen sie auf vier Studenten, die mit Wein in munterer Stimmung feiern. Allerdings kann Faust nicht wirklich etwas mit dem Saufgelage und Gegröle anfangen.
Auf die Gesellschaft von Faust und Mephisto reagieren die Ortsansässigen positiv, Mephisto steuert ebenfalls ein Spottlied bei und spendiert ihnen mit Hilfe seiner Magie verschiedenste Weine ihrer Wahl, indem er einen Tisch in ein Weinfass umfunktioniert. Als Faust ihn jedoch unbeeindruckt dazu auffordert, jetzt zu gehen, lässt es sich Mephisto nicht nehmen, noch einmal seine Fähigkeiten zur Schau zu stellen: Er verwandelt den Wein in Feuer (V. 2299), was die Gäste im Wirtshaus dazu veranlasst auf Mephisto loszugehen, doch dieser versetzt sie kurzzeitig in eine Wahnvorstellung und kann mit Faust auf einem fliegenden Weinfass entkommen.
Diese Szene hat zunächst einmal praktische Funktion für das Fortschreiten der Handlung: Sie dient als erste Station der Weltfahrt, sozusagen als Schwelle zwischen der gelehrten Umwelt/dem Doktorleben Fausts und der Welt der sinnlichen Verlockungen. Dieses derbe Saufgelage ist Mephistos erster Versuch, Faust die Freuden des Lebens näherzubringen. Dies geht jedoch ziemlich schief, Faust kann dem Ganzen überhaupt nichts abgewinnen. So ist es nicht verwunderlich, dass er in der gesamten Szene gerade zwei Sätze spricht: Eine Begrüßung und dann die Aufforderung an Mephisto „Ich hätte Lust, nun abzufahren.“
Durch diese Beschränkung auf zwei Sätze Fausts wird aber auch deutlich: In der Szene geht es nicht wirklich um ihn. Was also soll die Szene? Nun, zum einen handelt es sich hier um eine politische Satire, die sich mit der Zeit Fausts bzw. Goethes beschäftigt, zum anderen wird Mephistos Menschenbild in Teilen bewiesen.
Inwiefern eine politische Satire? Es ist auffällig, dass die Szene an einem real existierenden Ort spielt: Auerbachs Keller in Leipzig war eine Kneipe, die auch Goethe selbst als Student besucht hat. Zudem sind drei der vier gesungenen Passagen politisch zu lesen: Es wird über den Verfall des Heiligen Römischen Reichs, also dem deutschen Reich, das von 962 bis zum Jahr 1806 bestanden hat, spekuliert. Dieses Reich war durch überholte Machtstrukturen geprägt und geriet besonders durch die Forderung nach Freiheit, geweckt durch die Französische Revolution (1789-1799) ins Wanken. Daraus folgen auch die beiden politischen Themen der nächsten Lieder: Das Rattenlied von Brander kann als Kritik am Klerus gelesen werden. Die Ratte, die sich an den Vorräten der Leute fettgefressen hat, wird mit Martin Luther verglichen, der als Stellvertreter für alle Mönche benannt wird. Diese Kritik und das Hinterfragen des gesellschaftlichen Nutzens der Mönche und Klöster entstanden bereits in der Aufklärung. Das Flohlied Mephistos wiederum greift den Adel, speziell die Fürstenhöfe und die Hofschranzen an. Der Nepotismus der Fürsten und der damit verbundene Opportunismus der anderen Adeligen wird exemplarisch am Floh aufgezeigt und mit dem spanischen Hof, der zu Goethes Zeit als Inbegriff des korrumpierten Adels galt, in Verbindung gebracht.
Weiterhin beweist Mephisto in dieser Szene seine These, dass sich der Mensch „tierischer als jedes Tier“ aufführt. Zeigen die Studenten an und für sich schon besondere Rüpelhaftigkeit und Derbheit, indem sie sich über die sadistische Art des Rattentods lustig machen und es als Männlichkeitsprüfung ansehen, ein junges Mädchen zu verführen bzw. dem Mädchen, wenn es sie verschmäht, das Fenster einzuwerfen und ihm zu wünschen, dass es vom Teufel heimgesucht wird, wird dies auch sprachlich sehr deutlich gemacht. Die Szene läuft nahezu über von Tiermetaphorik: Einer der Studenten wird „Frosch“ genannt, sie verlangen nach „Sauerei“, Frosch wird als „Schwein“ beleidigt, Siebel wird wegen seines Aussehens mit der „geschwollnen Ratte“ verglichen wie auch die Hofschranzen mit Flöhen, um nur einige zu nennen. Diese Anlagen bringt Mephisto nun durch sein Verblendungsspiel mit dem Wein und dem Feuer noch deutlicher hervor: Den Wunsch nach Wein leitet Altmeyer ein, indem er diesen zusammen mit der Freiheit lobt. Das greift Mephisto gerne auf und stellt jedem der anwesenden den eigens gewünschten Wein zur Verfügung, um auf die Freiheit zu trinken. Was jedoch folgt, ist der Beweis des animalischen Wesens, der „Bestialität“ der Menschen: Die Studenten reagieren mit maßlosem Saufen auf die unbeschränkte Menge an Wein. Als Mephisto diesen nun in Fegefeuer verwandelt, um zu veranschaulichen, wohin ihre Maßlosigkeit als Todsünde führt, reagieren sie nicht mit Einsicht, sondern wollen mit Messern auf Mephisto losgehen, ja, erklären ihn sogar für „vogelfrei“, also für schutzlos und zu jemandem, den man ohne Strafe umbringen darf. Mit diesem Verhalten handeln die Studenten ganz im Sinne Mephistos: Sie können mit ihrer Freiheit nicht umgehen, vielmehr werden sie zu Bestien. Hier zeigt sich Goethe in seiner Rolle als Weimarer Klassiker: Gerade die Französische Revolution hat bewiesen, dass die Menschen noch nicht bereit sind, um mit Freiheit und Demokratie umzugehen.
Mephisto bringt Faust als nächstes in die Hexenküche, wo Letzterer in einem Zauberspiegel die schönste Frau erblickt, die er je zu Gesicht bekommen hat (V. 2436).
Durch den Blick in einen Zauberspiegel erkennt Faust die äußerliche Schönheit einer nicht näher zu erkennenden Frau, die auf ihn wie der „Inbegriff von allen Himmeln“ wirkt, ihn fesselt also die Faszination, die von Frauen und speziell der Liebe ausgeht, was Mephisto in die Karten spielt, da er in Faust die sexuelle Begierde wecken und sie nutzen will, um ihn zur sinnlichen Muße zu verführen.
Da Faust aber nun schon in weit fortgeschrittenem Alter ist, scheint das Ausleben jener Begierde unweigerlich erschwert. Deshalb schlägt Mephisto vor, ihn mithilfe eines Tranks deutlich zu verjüngen (V. 2348), was Faust nach kurzer Skepsis auch gutheißt. Faust trinkt die Mixtur der Hexe und wird, wie versprochen, jünger.
Als sie dann wieder aufbrechen wollen, ist Faust davon zunächst nicht sonderlich angetan, weil er nur zu gerne vor dem Spiegel noch etwas verweilen möchte (V. 2599f). Mephisto jedoch verspricht ihm, dass er bald wirkliche Frauen kennenlernen werde, zu sich selbst murmelt er, dass der Zaubertrank, den Faust gerade getrunken hat, ihn „Bald Helenen in jedem Weibe“ sehen lassen werde, also in jeder Frau die Schönste der Welt.
Diese Szene ist grundsätzlich sehr verworren und wirkt beim ersten Lesen durchaus unlogisch. Genau das soll sie vermutlich auch, wenn man bedenkt, dass Mephisto Faust nun aus der Welt der Wissenschaft und der Vernunft zum ersten Mal in die Welt des Aberglaubens, der fehlenden Logik und Unvernunft führt. Dieser Prozess hat bereits in Auerbachs Keller begonnen: Dieser befand sich zwar durchaus noch in der bekannten Welt Fausts, schließlich tranken dort Studenten. Doch indem diese dem Alkohol so sehr zusprachen, war ihr Verstand bereits verwirrt und das Animalische kam zum Vorschein. In der Hexenküche nun sind die Grenzen gänzlich aufgehoben: Die Meerkatzen haben menschliche Eigenschaften (sie können Sprechen und verrichten häusliche Aufgaben), während die Sinne Fausts, aber sogar auch Mephistos getrübt und verwirrt werden. Indem also auch Faust seinen Verstand nach und nach „verliert“, wird er unvernünftiger, animalischer und prompt entwickelt er menschliche Bedürfnisse: Er will die wahre, absolute Liebe erfahren.
Neben dieser allgemeinen Funktion lassen sich weitere Themen identifizieren.
Erstens: Die V orbereitung der Gretchentragödie. Diese Funktion ist wohl die wichtigste. Grundsätzliches Ziel des Hexenbesuchs ist es, Faust zu einem verführerischen Mann zu machen. Dafür muss er um 30 Jahre verjüngt werden. Nebenbei entdeckt er ein neues Ziel für sein inneres Streben: Die Erfahrung absoluter und erfüllender Liebe. In einem Zauberspiegel sieht er eine wunderschöne Frau, die allerdings, egal wie sehr sich Faust bemüht, nicht genau zu erkennen ist. Dies spricht dafür, dass dieser Zauberspiegel die Idealvorstellungen Fausts von einer Frau widerspiegelt. Mephisto erkennt sofort seine Chance, allerdings missdeutet er Fausts Sehnen absichtlich als reine körperliche Begierde. Er verspricht ihm „so ein Schätzchen aufzuspüren“ und offenbart dem Zuschauer am Ende der Szene, dass Faust bald „Helenen in jedem Weibe“ sehen werde, außerdem soll er spüren „Wie sich Cupido regt“, also die körperliche Begierde. Dies ist für seine Wette wichtig: Wenn Faust wirklich nach Liebe streben würde, wäre das ja wieder ein Gegensatz zur Trägheit, die Mephisto bei Faust erreichen will. Deshalb will er dessen Streben auf sexuelles Verlangen reduzieren. Wenn man dies erkannt hat, erklärt sich auch der andauernde Versuch Mephistos, die Liebe zwischen Gretchen und Faust zu verhindern und das Mädchen für Faust nur zum Objekt sexueller Begierde zu machen.
Zweitens: Die Figur des Mephisto wird näher charakterisiert und von den ursprünglichen Vorstellungen des Teufels abgegrenzt. Die Hexe erkennt Mephisto zunächst nicht, was daran liegt, dass er die typischen Symbole (Hörner, Pferdefuß, Raben) nicht bei sich hat. Außerdem lehnt er es ab, als Satan bezeichnet zu werden. Damit wird deutlich, dass Goethe Mephisto nicht als den Teufel aus dem mittelalterlichen Aberglauben darstellen will, sondern dass dieser im Sinne der Aufklärung, aber auch seines eigenen Sinnes umgedeutet wird. Dies wurde bereits im Prolog deutlich, zeigt sich hier aber noch klarer.