Die Novelle ist zweifelsfrei durchzogen von einigen Momenten, welche man ethisch oder auch politisch lesen kann und die Handlung – sowohl im ersten als auch im zweiten Teil – in jedem Fall jedoch auf ihre Art maßgeblich prägen.
Der besagte erste Teil stellt den Urlaub des Erzählers und seiner Familie alles andere als angenehm dar, was letztlich immer wieder auf ihre ausländische Herkunft zurückgeführt wird. Sei es die Andersbehandlung im Hotel (vgl. S. 3ff.) oder der Konflikt am Strand (vgl. S. 8ff.) – immer ist ihr Fremden-Status der Auslöser.
Der italienische Badeort scheint Touristen auf einer Ebene persönlicher Toleranz nicht besonders wohlwollend aufzunehmen, was dem ausgeprägten Nationalstolz zugeschrieben wird, der im Text immer wieder zur Sprache kommt. Das Hinterfragen der Ereignisse auf ethischmoralische Prinzipien hin kann sich jedoch auch einer politischen Dimension durchaus nicht entziehen, zumal der anfänglich porträtierte Patriotismus der italienischen Bevölkerung bald schon in eher radikalere Formen des Nationalismus umschwingt (vgl. S. 9).
Der zweite und eigentlich maßgebliche Teil der Erzählung, welcher das „tragische Reiseerlebnis“ erst so richtig tragisch werden lässt, hat auf den ersten Blick vielleicht gar nicht allzu viel mit den einleitenden Seiten zu tun (abgesehen davon natürlich, dass der verkorkste Urlaubsstart erstens den ungemütlichen Grundton der Novelle setzt und zweitens den Wunsch der Familie nach Ablenkung – beispielsweise durch eine zerstreuende Zaubershow – begünstigt (vgl. S. 14)). Bei der Aufführung Cipollas kommen nun aber – neben der ethischen Fragwürdigkeit seiner Kunststücke, in welchen er sein Publikum schamlos zum eigenen Ergötzen manipuliert – in gewisser Hinsicht ebenfalls wieder politische Aspekte zum Vorschein. Man könnte sogar noch einen Schritt weitergehen und die These diskutieren, ob Cipollas Auftritt gleichsam den Superlativ politischer Radikalität illustriert, wenn man ihn als Steigerung zum im ersten Teil der Novelle eingeführten Patriotismus beziehungsweise Nationalismus versteht und in ihm eine Form von Faschismus personifiziert sieht.
Der Hypnotiseur hat die volle Kontrolle über das Publikum, welches eben die in der Mehrheit nationalistisch eingestellte Gesellschaft repräsentiert, und kostet seine absolute Macht über die Zuschauer und Zuschauerinnen willkürlich aus. Jene faschistische Tendenz wird gerade dann nochmal eindrücklicher, wenn Cipolla die Existenz einer Willensfreiheit generell negiert (vgl. S. 32), worauf letztlich ja der Erfolg seines gesamten Programms basiert. „[D]ie äußerst strenge und aufreibende Leistung […] sei jedenfalls seine, des Führers und Veranstalters, in welchem der Wille Gehorsam, der Gehorsam Wille werde“ (S. 34), beschreibt der selbsternannte Zauberkünstler seine eigene Position, laut Erzähler.
Cipolla sieht die persönliche Aufgabe folglich darin, als erhöhter Bühnenakteur auch gleichzeitig die Rolle eines Anführers zu bekleiden, während er den zuvor als unfrei propagierten Willen mit Gehorsam in Verbindung bringt – oder ihn gleich durch Gehorsam ersetzt. Nationalistische Gesellschaftszüge werden hier also zum fruchtbaren Nährboden für eine faschistische Alleinherrschaft. Das Volk ist in seinem Innern empfänglich für eine derartige Form von Hypnose.
Es ist letzten Endes nicht klar festzumachen, inwiefern die beiden Teile der Novelle in dieser spezifischen Hinsicht tatsächlich aufeinander aufbauen oder ob sie nicht doch unabhängig voneinander wirken (können). Teil eins streut allerdings in gewisser Hinsicht eine nationalistische Saat aus, welche im zweiten Teil den Faschisten Cipolla aufkeimen lässt. Moralische Vorstellungen von Toleranz und Ethik werden durchaus mit Ebenen von Politik, Macht sowie Diskussionen über Freiheit angereichert. Diese politisierte Lesart wirft darüber hinaus nochmal ein ganz eigenes Licht auf den Schluss der Handlung, wenn der Erzähler von einem befreienden Ende (vgl. S. 54) spricht.
Beim Titel dieser Novelle könnte man zuerst vielleicht auf die Idee kommen, es handele sich um ein Märchen oder eine Geschichte aus dem Reich der Fantastik. Sobald der im Titel als „Zauberer“ beschriebene Cipolla jedoch seinen Auftritt erhält, wird schnell klar, dass er keinesfalls etwas von einem Fantasy-Zauberer hat, nicht mal etwas von einem unterhaltsamen Schausteller unserer heutigen Welt, der bekannte Zaubertricks beherrscht (vgl. S. 17). Stattdessen wird er unheilvoll porträtiert und nutzt seine Fähigkeiten der Illusion als Mittel der (Massen-)Manipulation.
Cipolla verzaubert die Menschen auf eine andere Weise – er hypnotisiert sie. Das tut er außerdem keinesfalls aus Unterhaltungszwecken oder zum Amüsement der Zusehenden, sondern um seine Machtfantasien Realität werden zu lassen. Realität ist hierbei außerdem ein gutes Stichwort, weil Zauberei generell der Semantik von Realität eher nicht inhärent ist. Damit ist gemeint, dass in einer aufgeklärten, rationalen Welt – wie sie auch in der Novelle als selbige in Erscheinung tritt – alles Mystische und Magische, alles Irrationale durch die menschliche Vernunft getilgt wird. In einer solchen Gesellschaft ist der Glaube an Zauberei also größtenteils verschwunden, und auch geistesmanipulierenden Praktiken wie Hypnose wird wohl eher skeptisch begegnet.
Umso gefährlicher wird es dann, als jene hypnotischen Fähigkeiten Cipollas in der Erzählung das vermeintlich Unvorstellbare und Ungreifbare unter dem Mantel scheinbar unrealistischer Magie nur allzu real werden lassen. Im Kontext eines Deutungshorizontes faschistischer Tendenzen offenbart die Novelle folglich Gefahren, welche durch heimtückische Manipulation gar unbemerkt von der weltfremden Illusion zur schmerzlichen Wirklichkeit werden können – und das nur wenige Jahre vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland.