Aminosäuren bilden eine überlebenswichtige Stoffklasse bei nahezu allen Lebewesen. Indem die Aminosäuren als lange Ketten (Polymere) verknüpft werden, bilden sie Proteine. Diese übernehmen als Enzyme, Botenstoffe, Strukturproteine, Abwehrmoleküle und viele weitere Formen wichtige Aufgaben im Körper und ermöglichen somit unser Leben. Grundbausteine aller Proteine unseres Körpers sind die 20 verschiedenen proteinogenen (Protein erzeugende bzw. für die Proteinbiosynthese verwendbaren) Aminosäuren.
Wie der Name schon vermuten lässt, besitzen Aminosäuren (AS) immer eine Aminogruppe (NH2-Gruppe) und eine Carboxygruppe (COOH-Gruppe). Außerdem müssen sie immer mindestens zwei Kohlenstoffatomen haben, da sie sonst sehr instabil wären.
Je nachdem, ob die Aminogruppe sich am zweiten, dritten oder vierten Kohlenstoffatom relativ von der Carboxygruppe befindet, unterscheidet man zwischen α- (zweites C-Atom), β- (drittes C-Atom) oder γ- (viertes C-Atom) Aminosäuren.
Auch bei der Benennung der Aminosäuren beginnt man bei dem höchstoxidierten Kohlenstoffatom, was im Falle der Aminosäuren immer das der Carboxygruppe ist. Es wird wieder so gezählt, dass alle anderen Substituenten eine möglichst niedrige Zahl erhalten. Die Aminosäure Lysin heißt daher nach IUPAC-Regeln 2,6-Diaminohexansäure.
Die wohl relevanteste chemische Eigenschaft einer Aminosäure ist die Fähigkeit, als Säure und als Base zu wirken. Sie sind Amphotere. Aminosäuren können an ihrer Säuregruppe ein Proton abspalten und an ihrer Aminogruppe ein Proton aufnehmen. Gibt die Carboxygruppe das Proton ab, kann dieses durch das freie Elektronenpaar der Aminogruppe gebunden werden. Das entstehende Molekül kann als Zwitterion bezeichnet werden.
Bei Aminosäuren ist oftmals die Art der Substituenten ausschlaggebend, ob die Säure- oder die Base-Eigenschaft überwiegt. Aminosäuren, wie beispielsweise das oben gezeigte Lysin, können verschiedene funktionelle Gruppen enthalten und daher auch mehrere Amino- oder Carboxygruppen. Die Art der Reaktionsmöglichkeiten ist deshalb enorm.
Eine spezielle Stoffeigenschaft der Aminosäuren ist der isoelektrische Punkt (IEP). Dieser ist ein stoffspezifischer pH-Wert, bei dem ein zwitterionisches Molekül, z.B. also eine Aminosäure oder ein Protein genau gleich viele positive und negative Ladungen besitzt. Es ist somit elektrisch neutral und wird sich in einem elektrischen Feld zwar ausrichten, jedoch nicht von der Stelle bewegen. Diese Eigenschaft macht man sich bei der sog. (Gel-)Elektrophorese zu Nutze. Mit diesem Verfahren kann man mehrere Aminosäuren voneinander trennen.
Je nach Aufbau des zwitterionischen Moleküls kann es in wässriger Lösung am IEP auskristallisieren, weil aufgrund der übermäßig hohen Anzahl an Ionen am IEP Ionengitter ausgebildet werden können, die als Feststoff sichtbar werden.