Die Einleitung in ein modernes Zeitalter erfolgte maßgeblich aufgrund der beschleunigten Industrialisierung ab den 1850er Jahren. Während des deutschen Kaiserreiches ab 1871 war bereits die Phase der Hochindustrialisierung im Gange. Dank dieser gelang Deutschland der Durchbruch und Wechsel von einem Agrarstaat zu einer modernen Industriegesellschaft. Industriestandorte wie Mittel- und Südwestdeutschland, besonders das Ruhrgebiet und Berlin als wichtiges industrielles Zentrum, bekamen eine besondere und wichtige Bedeutung für die schnell fortschreitende Industrialisierung.
Eng mit der rapiden Industrialisierung verbunden waren auch eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung und ein gleichzeitiger Modernisierungsprozess. Themen wie Arbeiten, Wohnen, Bildung und Kultur rückten immer mehr in den Vordergrund. Bereits etabliertere Bereiche wie Wirtschaft, Industrie, Verkehr und Handel nahmen zudem einen immer wichtigeren Stellenwert ein und trieben das wirtschaftliche Wachstum und den damit einhergehenden gesellschaftlichen Wandel in Deutschland voran.
Insbesondere in den (Groß-)Städten waren die rapiden technischen Entwicklungen und Veränderungen, die neben vielen positiven Fortschritten auch Negativfolgen mit sich brachten, zu spüren: Auf der einen Seite verbesserten Elektrizität, fließendes Wasser und neue medizinische Errungenschaften die Lebensverhältnisse der Menschen. Außerdem wurde der Verkehr durch den technischen Fortschritt und der Entwicklung der ersten Autos, elektrischen Straßenbahnen und U-Bahnen geprägt. Auf der anderen Seite nahmen Verschmutzungen des Wassers, der Luft und des Bodens zu, natürliche Lebensräume wurden im Zuge dessen verändert und zerstört, und neue Krankheiten traten auf. Es waren vor allem die Arbeiter und Arbeiterinnen, die die Schnelligkeit und vielen Veränderungen des neuen Lebens mit ihrer Gesundheit bezahlten, da sich die Arbeitsbedingungen nicht so schnell wie die Produktionsmöglichkeiten entwickelten.
Nichtsdestotrotz entwickelte sich Deutschland zügig zum Vorreiter der europäischen Industrialisierung, indem es sich nicht nur auf die Textil-, Eisen- und Stahlproduktion, sondern auch zunehmend auf andere Bereiche, wie die Chemie- und Elektroindustrie konzentrierte. Diese Entwicklungen verliefen jedoch nicht alle grundsätzlich stetig und positiv. Vielmehr war diese Phase geprägt von Aufs und Abs, kleineren Krisen, die das Wirtschaftswachstum für kurze Zeit verlangsamten, um sich dann wieder in einen Aufschwung zu wenden.
Ebenfalls nicht durchweg positiv verlief die Entwicklung im Landwirtschaftssektor, der in dieser Zeit zwar auch von Modernisierungsprozessen geprägt wurde, es jedoch nicht schaffte sich vollends von strukturellen Problemen zu befreien, sodass eine Agrarkrise die Folge war. Diese strukturelle Krise bezog sich unmittelbar auf den seit 1876 erfolgten massenhaften, billigen Getreideimport aus den USA, wodurch der lokale Getreidepreis massiv fiel. Trotz der Einführung von Schutzzöllen und der mehrmaligen Erhöhung der Zölle sank der Weizenpreis weiter bzw. hielt sich auf einem tiefen Preisniveau. Der Einsatz von moderneren Maschinen konnte dieser prekären Situation nur wenig entgegensetzen, auch wenn dadurch zumindest die Erträge gesteigert werden konnten. Hinzu kam ein ansteigender Arbeitskräftemangel, da die wichtigen Arbeiter und Arbeiterinnen zunehmend in die Städte abwanderten, um dort ihr Glück und andere Arbeit zu suchen.
Innerhalb der Unternehmen kam es ebenfalls zu großen Veränderungen: Traditionelle Familienbetriebe wurden von Aktiengesellschaften abgelöst, Fabriken und Betriebe wuchsen stark und neue Lobbygruppen, wie Gewerkschaften für Arbeiter und Arbeiterinnen, bildeten sich. Auch die Bedeutung und der Einfluss des Staates veränderte sich, indem dieser mehr und mehr Kontrolle übernahm.
Im Zusammenhang mit einem rasanten Bevölkerungsanstieg - zwischen 1871 und 1910 stieg die Zahl von 41 auf 65 Millionen Menschen an – gab es immer mehr Menschen, die auf der Suche nach Arbeit vom Land in die Städte zogen. Die entstandene Kluft zwischen dem reichen Bürgertum auf der einen Seite und der arbeitenden Bevölkerung (Proletariat) auf der anderen Seite zeigte sich sehr schnell und deutlich. Prekäre Wohn- und Arbeitsverhältnisse, der erschwerte Zugang zu Bildungsinstitutionen und zum kulturellen Leben waren die Realität. Gleichzeitig beflügelte aber diese Umsiedlung in die Städte auch die dortigen Infrastrukturen und das alltägliche Leben.
Zwischen diesen beiden extremen Lebenssphären gab es kaum Kontakt oder Mobilität. Vielmehr machte sich Unmut in der Arbeiterschaft breit und der Klassenkonflikt wurde immer evidenter. Gemeinsame Interessen auf sozialer und gesellschaftlicher Ebene, ähnliche Forderungen an den Staat und vergleichbare Wohn- und Arbeitsverhältnisse veranlassten die Menschen der Arbeiterklasse sich in Gewerkschaften, mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten, zu organisieren. Ein wachsendes Klassenbewusstsein, verbunden mit dem Denken, dass dies über mehrere Generationen weitergegeben werde, war die Folge. Dennoch gab es auch innerhalb der beiden Gruppierungen „Bürgertum“ und „Arbeiterschaft“ Abstufungen und unterschiedliche Ausprägungen. Besonders in der Gruppe der Arbeiter und Arbeiterinnen fanden sich viele verschiedene Untergruppen, wie gut verdienende Facharbeiter, ungelernte Arbeiter oder Landarbeiter wieder. Auch das Bürgertum war in sich sehr heterogen: Neben akademisch gebildeten Staatsdienenden und den Unternehmern existierte weiterhin eine privilegierte Gruppe des Adels. Außerdem zählten zur Gruppe des Bürgertums auch Selbstständige und Angestellte des neuen Mittelstandes, deren Zahl innerhalb von 25 Jahren von 307.000 auf 1,3 Millionen im Jahr 1907 stark anstieg und die gegenüber den durchschnittlichen Arbeitern und Arbeiterinnen einige Vorteile genossen. Durch sie wurden zahlreiche Modernisierungsprozesse, besonders auch hinsichtlich familiärer Angelegenheiten und Arbeitszeiten sowie im Kultur- und Freizeitbereich, angestoßen. Eine moderne Klassengesellschaft mit Parteien, Verbänden und Massenmedien war entstanden.
Die Kluft zwischen Bürgertum und Arbeiterschaft wurde auch von der anderen Seite der Unternehmer und deren Verbänden vergrößert, da sie die Gewerkschaften nicht als Gegenspieler auf Augenhöhe sahen. Insbesondere in schwerindustriellen Großunternehmen wurden Widerstände der Belegschaft und deren Organisation in Gewerkschaften abgelehnt und aktiv durch verschiedene Maßnahmen gegen Arbeiter und Arbeiterinnen, wie z.B. Anprangerung und Verfolgung verhindert. Trotz massiver Gegenproteste der Arbeiterbewegung kamen die geforderten verbindlichen Tarifvertragsverhandlungen nur sehr langsam voran.
Unter Arbeiterbewegung wird ein gewerkschaftlicher, genossenschaftlicher und politischer Zusammenschluss von Arbeitern und Arbeiterinnen verstanden. Diese Bewegung formte sich ungefähr zeitgleich mit der Gründung des deutschen Reiches. Sie trat für die Verbesserung der politischen und sozialen Situation der Arbeiter und Arbeiterinnen ein und muss als Institution von der sozial-gesellschaftlichen Gruppe der Arbeiterschaft unterschieden werden.
Eine Vielzahl der entstandenen sozialen Probleme, wie die Verarmung der Arbeiter und Arbeiterinnen aufgrund eines Überangebots an Arbeitskräften, die mit einer immer größer werdenden Wohnungsnot und elenden Lebensbedingungen und dem wachsenden Industrieproletariat verbunden war, konnten zumindest im Bereich der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter und Arbeiterinnen verbessert werden.
Als Soziale Frage, die auch als Arbeiterfrage bezeichnet wird, versteht sich die Frage nach der Lösung sozialer und gesellschaftlicher Probleme, die durch die Industrialisierung auftraten und durch die letztlich eine industrielle Transformation angestoßen wurde. Kirchliche Initiativen, wie u.a. der Kolpingverein oder die Gründung des Caritasverbandes, private Initiativen der Unternehmer und genossenschaftliche Initiativen der Gewerkschaften, die durch Streik bessere Arbeitsbedingungen, Versicherungen und Hilfe einforderten, waren Maßnahmen und trugen zur Lösung der Sozialen Frage bei. Insbesondere die Gewerkschaften, die um das Jahr 1848 entstanden waren, nahmen einen besonderen Stellenwert ein und leisteten einen maßgeblichen Beitrag zu einer revolutionären und generell grundlegenden Veränderung der Gesellschaft. Die Gedanken fußten auf dem 1848 veröffentlichen Kommunistischen Manifest verfasst von Karl Marx und Friedrich Engels, die darin die kommunistische Revolution forderten mit dem Ziel einer klassenlosen und sozialistischen Gesellschaft. Darauf aufbauend und sich anschließend wurden verschiedene sozialistische und sozialdemokratische Parteien gegründet, die dem Sozialismus oder Marxismus näherstanden. Dabei verfolgten beide Ansätze das gleiche Ziel, aber mit unterschiedlichen Herangehensweisen.
Diese Zeitspanne in der Geschichte, begonnen mit den Doppelrevolutionen in England (Industrielle Revolution in den 1770ern) und Frankreich (Französische Revolution im Jahr 1789) und endet mit dem Ersten Weltkrieg. Sie wird auch als „langes“ 19. Jahrhundert bezeichnet, weil erst danach neue historische Prozesse begannen, die sich vom vorherigen Jahrhundert unterschieden. Diese Phase wird auch als Jahrhundert des Nationalismus bezeichnet, da die Ideen „Nation“ und „Nationalstaat“ für die Menschen prägend war.