Nachdem nicht nur die Revolution 1848/1849 gescheitert war und auch die Idee und Gründung eines Nationalstaates der Liberalen Kräfte im Jahr der Reichsgründung 1871 enttäuscht wurde, da es keine demokratisch-parlamentarische Ordnung gab, rückte die politische Umsetzung einer gesellschaftlich umfassenden deutschen Nation grundlegend in den Hintergrund. Konservative, adelig-großbürgerliche Führungseliten lenkten die politischen Geschicke des Reiches, die immer mehr durch demokratiefeindliche Haltungen definiert wurden. Eine autoritäre Gesellschaftsordnung war mit diesem Reichsnationalismus stark verbunden.
Eine weitere Radikalisierung fand nach der erzwungenen Abdankung Bismarcks im März 1890 statt. War die Bis–marck’sche Zeit noch geprägt von dem Versuch den europäischen Frieden zu erhalten, radikalisierte Wilhelm II. (reg. 1890-1918) den politischen Kurs und forderte einen „Platz an der Sonne“ u.a. durch den Besitz deutscher Kolonien. Diese Bestrebung nach nationaler Größe und Überlegenheit war in seiner Ausprägung mit Rassismus, Antisemitismus und einem ausgeprägten Militarismus verbunden.
Unter dem Begriff Militarismus wird eine Gesellschaft verstanden, die mit militärischen Grundsätzen und Werten, wie bedingungsloser Gehorsamkeit, dem Glauben an Autoritäten und dem Denken der Bevölkerung als Untertanen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Leben durchdrungen ist und diese Prinzipien vorherrschen. Der Glaube an die Dominanz des Militärs und damit einhergehend der Glaube an die Notwendigkeit bzw. Unvermeidbarkeit von Kriegen sowie das Recht des Stärkeren innerhalb einer hierarchischen Gesellschaftsordnung zu betonen, sind weitere Merkmale von Militarismus. Im Alltag manifestiert sich Militarismus beispielsweise in häufig und groß stattfindenden Aufmärschen sowie in verschiedenen Formen einer vor- und paramilitärischen Ausbildung innerhalb von Gruppierungen und Organisationen.
Rassismus bezeichnet eine Art von Diskriminierung, aufgrund derer Menschen oftmals auf äußerliche Attribute wie Hautfarbe, Name, Sprache, Herkunft oder Aussehen reduziert, ausgegrenzt und abgewertet werden. Eng damit verbunden ist der Begriff „Rasse“, der mittlerweile durch die Wissenschaft als eine Erfindung der Menschen widerlegt wurde und deshalb in Anführungszeichen geschrieben wird.
Antisemitismus gilt als ein Sammelbegriff für „Judenfeindschaft“ und ist ein kontinuierliches historisches Phänomen, welches viele Jahrhunderte, gar Jahrtausende in der Menschheitsgeschichte zurückgeht. Antisemitismus, eine 1879 etablierte Wortneuschöpfung, war eine im 19. Jahrhundert aufkommende Strömung, die „die Juden“ nun nicht mehr als Religionsgemeinschaft, sondern als Volk, Nation und/oder „Rasse“ systematisch diskriminierte. Der Antisemitismus beruht auf Verschwörungserzählungen, die im Kern immer „die Juden“ für alle sozialen und gesellschaftlichen Probleme verantwortlich machen. Dabei ist der Gruppe „der Juden“ in den Augen der Antisemiten (Menschen mit antisemitischer Gesinnung) eine vermeintlich geheime Macht im Hintergrund gemeint, die die Weltpolitik lenkt. Opfer des Hasses und der Gewalt von Antisemitismus wurden und werden dagegen tatsächliche Juden und Jüdinnen. Ablehnung, Diskriminierung, Anfeindung, Beschimpfungen und Gewalt sind Merkmale und konkrete Äußerungen von Antisemitismus. Die radikalste Ausprägung der gewaltsamen Ausgrenzung war die systematische Vernichtung von Juden und Jüdinnen unter den Nationalsozialisten, welche auch als Holocaust oder Shoah bezeichnet wird.