Neben den innenpolitischen Veränderungen und Bismarks außenpolitischen Bündnissen gab es noch einige wichtige außenpolitische Ereignisse, die im Folgenden näher beschrieben werden.
Die Krieg-in-Sicht-Krise fand in der Zeit kurz nach dem dritten Hegemonialkrieg gegen Frankreich statt. Dieses erstarkte schnell wieder zur alten Macht. In Deutschland wuchs die Idee, Frankreich durch einen Präventivschlag an einem Krieg zu hindern. 1875 erschien in einer regierungsnahen Zeitung ein Artikel mit dem Titel „Ist Krieg in Sicht?“. Dieser wurde von Bismarck geschrieben und unter einem anderen Namen veröffentlicht. Dadurch sollte getestet werden, wie die anderen europäischen Staaten auf einen solchen Präventivschlag reagieren würden und wen sie im Kriegsfall unterstützen würden. Großbritannien und Russland gaben beide zu verstehen, dass sie Frankreich unterstützen würden. Für Bismarck stand deshalb fest, dass nur eine defensive Bündnispolitik Deutschlands Stellung sichern konnte.
Die Orientalische Frage bezeichnet den Zerfall des Osmanischen Reiches und die daraus entstandenen Probleme. Durch verschiedene Aufstände, Krisen und Autonomiebestrebungen der einzelnen Völker im Osmanischen Reich wurde es immer weiter geschwächt – und die europäischen Mächte sahen darin eine Möglichkeit neue Territorien und Macht zu gewinnen. Besonders durch den Zugang zum Meer wollten viele europäische Staaten dort an Macht gewinnen, um so auch ihre Stellung in Europa zu stärken. Vor allem Russland wollte auf dem Balkan seine Chance nutzen. Alle anderen Staaten wollten dies verhindern.
Die Balkankrise, auch Orientalische oder Orient-Krise genannt, ist eine von der Balkanhalbinsel ausgehende Krise zwischen den europäischen Großmächten von 1875–1878. Sie wurde durch die Unabhängigkeitsbestrebungen der Balkanvölker vom Osmanischen Reich beeinflusst und führte später zum Russisch-Osmanischen Krieg. 1875 und 1876 waren unruhige Jahre auf dem Balkan. Die Völker auf dem Balkan lehnten sich gegen die türkische Herrschaft auf, um Unabhängigkeit zu erreichen und wurden dabei von Russland unterstützt.
Diese Bestrebungen sind eng mit dem Begriff des Panslawismus verbunden. Dieser bezeichnet das Streben nach einer kulturellen und politischen Einheit aller slawischen Völker Europas. Hier gab es ähnliche Probleme wie bei der Deutsche Frage: Inwiefern Teile Russlands zu dieser slawischen Einheit gehörten, war nämlich umstritten. Als bekannte Ausläufer dieses panslawistischen Bestrebens kennst du vielleicht die Staaten Tschechoslowakei und Jugoslawien (die es beide nicht mehr gibt).
Russland unterstützte zwar die Völker, verfolgte dabei aber nur seine Eigeninteressen und nahm dabei keine Rücksicht auf die Interessen anderer Großmächte in Europa. Durch den Vorfriede von San Stefano wurde ein vom Zarenreich abhängiger, groß-bulgarischer Staat geschaffen und dadurch der russische Einfluss auf dem Balkan stärker.
Österreich und Großbritannien protestierten dagegen: Sie schickten unter anderem britische Kriegsschiffe. Ein Kriegsausbruch wurde erwartet. Doch Bismarck lud die europäischen Staaten nach Berlin zum Berliner Kongress, um eine diplomatische Lösung zu finden und den Krieg abzuwenden.
Der Berliner Kongress fand im Juni und Juli 1878 statt. Auf dem Kongress versammelten sich das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn, Frankreich, das Vereinigte Königreich, Italien, Russland und das Osmanischen Reiches. Mit dem Berliner Vertrag wurde die Balkankrise beigelegt und eine Friedensordnung für Südostasien vereinbart.
Bismarck hatte zu dieser Versammlung eingeladen und gab sich als „ehrlichen Makler“ ohne eigene Gewinnabsichten. Dadurch gelang es ihm tatsächlich, den Frieden zu retten und den Konflikt beizulegen. Allerdings verschlechterten sich dadurch die Deutsch-Russischen Beziehungen, da Russland nicht das gewünschte Ergebnis (ein Zugang zum Mittelmeer) erzielte. Österreich-Ungarn hingegen bekam das Recht zugesprochen, in Bosnien-Herzegowina einzumarschieren, sodass der russische Einfluss in diesen Gebieten begrenzt wurde.
Als Dreikaiserjahr wird das Jahr 1888 bezeichnet. Nachdem Wilhelm I im März starb, folgte sein Sohn Friedrich III auf den Thron. Doch auch dieser war bereits schwerkrank und starb im Juni nach nur 99 Tagen im Amt. Deshalb wurde sein ältester Sohn Wilhelm II zum Kaiser des Deutschen Reiches.
Besonders wichtig ist dieses Jahr, weil alle drei Kaiser sehr unterschiedlich waren. Wilhelm I war sehr konservativ, aber in seiner Politik zurückhaltend. Friedrich III hatte aufgrund seiner Krankheit kaum Einfluss, obwohl er für liberale Ideen offen war. Ihm folgte Wilhelm II. Er sah sich als absoluter Herrscher und fühlte sich zum preußischen Militär hingezogen. Später wurde er oft als eitel, verantwortungslos und leicht zu beeinflussen beschrieben.
Auch für Bismarck hatte dieser Wechsel Folgen. Während er unter Wilhelm I. weitgehend machen konnte, was er wollte, stand er mit Wilhelm II im Konflikt. Bismarck hielt ihn für egozentrisch und beeinflussbar, Wilhelm II sah Bismarck als nicht mehr zeitgemäß. Außerdem hatte er in seinen Augen zu viel Macht. Wilhelm II wollte das Reich mehr auf seine Person ausrichten. Nach innenpolitischen Konflikten entließ Wilhelm Bismarck im Jahr 1890. Die Bevölkerung befürwortete diesen Schritt größtenteils. Neuer Reichskanzler wurde Leo von Caprivi.