Viele Krisen vor dem Ersten Weltkrieg fanden nicht direkt in Europa statt. Vielmehr ging es um imperialistische Machtbestrebungen und Stellvertreterkriege (= Krieg in kleineren Staaten, die unter dem Einfluss anderer, großer Staaten stehen und somit stellvertretend den Krieg für die Großmächte austragen) wie in Afrika. Mit der Marokkokrise sind zwei Konflikte um die Vorherrschaft in Marokko 1905 und 1911 gemeint:
In der ersten Marokkokrise stritten Frankreich und das Deutsche Reich um die Macht in Marokko. Während Frankreich die Vorherrschaft sichern wollte, strebte das Deutsche Reich einen Zugang für alle Mächte in Marokko an.
In der zweiten Marokkokrise stritten sich die Länder ebenfalls um Marokko – dieses Mal allerdings deutlich kriegerischer. Nach Ende der 2. Marokkokrise verzichtete Deutschland auf jegliche Ansprüche und einigte sich mit Frankreich auf Anteile an der französischen Kolonie Französisch-Äquatorialafrika.
Gründe, Auslöser und Ziele können jeweils der Tabelle entnommen werden. Beide Krisen verdeutlichen die internationale Isolation und das Scheitern der deutschen Weltpolitik. Nur noch Österreich war auf Deutschlands Seite.
| 1. Marokkokrise | 2. Marokkokrise |
Jahr | 1905/1906 | 1911 |
Akteure | Deutsches Reich & Frankreich | Deutsches Reich & Frankreich |
Gründe | Vormachtstellung in Marokko | Vormachtstellung in Marokko |
Auslöser | Andauernder Spannungszustand, keine konkreten Auslöser | Frankreich besetzte zwei Städte in Marokko; Deutschland schickte daraufhin ein Kriegsschiff nach Marokko |
Ende | Konferenz von Algeciras 1906: Frankreich bekam Städte in Marokko zugesprochen, Deutschland stand weitestgehend isoliert da | Marokko-Kongo-Vertrag 1911: Das Deutsche Reich verzichtete auf alle Ansprüche in Marokko und bekam einen kleinen Teil der französischen Kolonie Französisch-Äquatorialafrika |