Als Vernichtungskrieg wird ein Krieg bezeichnet, der die völlige Vernichtung des Gegners zum Ziel hat. Das Deutsche Reich führte im Zweiten Weltkrieg einen Weltanschauungs- und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, den es mit rassenideologischen Argumenten begründete.
Die kommunistische Sowjetunion war der Hauptfeind des Deutschen Reiches und das eigentliche Ziel der „Lebensraumpolitik“. Hitler hoffte, nach einem Sieg über die UdSSR Großbritannien zu einem Friedensschluss bewegen zu können, bei dem die Hegemonie (Vormachtstellung) Deutschlands anerkannt würde. Um den Hauptfeind anzugreifen missachtete das NS-Regime den Nichtangriffspakt und machte erste militärische Planungen bereits im Sommer 1940.
Doch treten wir nochmal einen Schritt zurück. Möglich wurde der Überfall auf die Sowjetunion erst durch den erfolgreichen Krieg gegen Polen. Nach Schließung des Hitler-Stalin-Paktes dauerte es nur ein paar Tage, bis das Deutsche Reich und die Sowjetunion Polen überfielen. Der Blitzkrieg (= eine Strategie, den Gegner durch einen überraschenden Angriff mit massiven Panzerkräften und Luftunterstützung in kürzester Zeit militärisch zu besiegen) gegen Polen dauerte nur knapp vier Wochen.
Großbritannien und Frankreich schlossen als Reaktion auf den Überfall im September einen Freundschaftspakt mit Polen und beendeten damit ihre Appeasement-Politik. Am 3.9.1939 erklärten sie Deutschland den Krieg. Polen war jedoch in der deutlich schwächeren Position. Die polnischen Truppen hatten den modernen Rüstungstechnologien und der deutschen Armee nichts entgegenzusetzen. Als Deutschland bereits vorgerückt war, marschierte die UdSSR von Osten aus ein. Die beiden Staaten teilten Polen vollständig unter sich auf. Ab sofort hatten Deutschland und die Sowjetunion eine gemeinsame Grenze.
Spulen wir zwei Jahre vor: Am 22. Juli 1941 überfällt das Deutsche Reich die Sowjetunion ohne Kriegserklärung. Dieser Überfall wurde unter dem Namen „Unternehmen Barbarossa“ bekannt – so lautete der Deckname der Nationalsozialisten für diese Operation. Die Sowjetunion war zwar von den Alliierten gewarnt worden, war vom Überfall allerdings trotzdem überrascht. Bereits in den ersten Monaten erlitt die sowjetische Armee ungeheure Verluste, der größte Teil der westlichen Sowjetunion musste aufgegeben werden.
Doch so sollte es nicht weitergehen: Im Winter 1941/1942 scheiterte die Blitzkrieg-Strategie gegen die Sowjetunion. Die UdSSR hatte stärkere Panzer und Waffen und verfügte über zahlenmäßig überlegene Bodentruppen. Bis 1942 musste das Deutsche Reich immer stärkere Verluste hinnehmen. Deutschland war nicht in der Lage genügend Nachschub an Ressourcen zu liefern. Die deutsche Armee wurde in Stalingrad eingekesselt und musste schlussendlich kapitulieren.
Die politische und militärische Führung legte einen sinnlosen Durchhaltewillen an den Tag. Der deutsche Angriff auf den Bündnispartner ohne Kriegserklärung sollte den Bolschewismus vernichten und den „Lebensraum im Osten“ erobern.
Oktober 1933 | Deutschland tritt aus dem Völkerbund (= internationale Organisation mit dem Ziel der Sicherung des Weltfriedens) aus
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Januar 1934 | Nichtangriffspakt mit Polen
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März 1935 | Wiedereinführung der Wehrpflicht und Abkehr von den Rüstungsbeschränkungen
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Juni 1935 | Deutsch-britisches Flottenabkommen: Großbritannien erlaubte Deutschland, seine Marine auf etwa die Größe von 35% der britischen Flotten aufzubauen.
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September 1935 | Abessinienkrise: Italien greift Äthiopien an, Völkerbund verhängt Waffenembargo gegen Italien, Hitler unterstützt Italien aber auch insgeheim das Kaiserreich Äthiopien, um die Krise zu verlängern (Ablenkung und Aufrüstung)
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März 1936 | Bruch der Locarno-Vereinbarungen (Anerkennung der Grenzen vonseiten Deutschlands, Frankreichs und Belgiens; Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund); Einmarsch in das entmilitarisierte Rheinland → keine Reaktion der Westmächte → Völkerbund hat versagt (Frankreich: innenpolitisch gelähmt, England: Appeasement-Policy); Nichtangriffspakt mit Frankreich und Belgien |
Juli 1936 | Neutralitätsabkommen zwischen Deutschland und Österreich |
November 1936 | Achse Berlin-Rom: Annäherung mit dem faschistischen Italien |
Dezember 1936 | Antikominternpakt zwischen Deutschland und Japan (Zusammenarbeit gegen die kommunistische Internationale) |
November 1937 | Beitritt Italiens zur Antikomintern: Achse Berlin-Rom-Tokio → 3 besonders aggressive Mächte in einem Bündnis, Politik ohne oder sogar gegen England erscheint möglich → Hitlers Stunde zum Handeln war gekommen |
5.11.1937 | Hoßbachprotokoll:
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Februar 1938 | Hitler wird Oberbefehlshaber der Wehrmacht und setzt einen neuen Außenminister ein (personelle Voraussetzungen für eine expansive Außenpolitik sind geschaffen) |
März 19386 | Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich (Proklamation des Großdeutschen Reiches) |
29-30.9. 1938 | Münchener Konferenz: Italien, Großbritannien und Frankreich stimmen der Abtretung der deutsch besiedelten Sudentengebiete an Deutschland durch die Tschechoslowakei zu → Einmarsch in die Sudetengebiete, Unterzeichnung eines deutsch-englischen Nichtangriffspaktes und eines deutsch-französischen Nichtangriffspaktes |
März 1939 | Einverleibung der „Rest-Tschechei“, Einrichtung des Protektorats Böhmen und Mähren → Ende der Appeasement-Politik (wird später noch erklärt) |
April 1939 | einseitige Aufkündigung des deutsch-polnischen, deutsch-englischen und deutsch-französischen Nichtangriffspaktes |
29.8.1939 | deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt (Hitler-Stalin-Pakt) |
Die militärische Operation war von einem Vernichtungskrieg begleitet, vor allem gegen kommunistische Funktionäre und Juden.
Doch was genau bedeutete dieser Vernichtungskrieg und wie wurde er begründet?
In Deutschland wurden die sowjetischen Soldaten als „Untermenschen“ betrachtet. Die Wehrmacht, SS und Einsatzgruppen gingen mit Härte und Rücksichtslosigkeit vor – auch gegen die Zivilbevölkerung: Wer sich gegen die Anordnungen der Besatzungsmacht widersetzte, war ohne Verfahren zu erschießen. Daraus entstanden willkürliche Ermordungen.
Im Juni 1941 kam noch eine weitere Anordnung hinzu. Der Kommissarbefehl besagte, dass alle Kommissare der Roten Armee ohne Gerichtsverhandlung ermordet werden sollten. Diese Lebensraumpolitik war eng mit der Rassenideologie der Nationalsozialisten verbunden. Das Ziel war die totale Niederwerfung, Ausbeutung und physische Auslöschung des „slawischen Untermenschen“, eine Eroberung von Lebensraum für die „deutsche Herrenrasse“ und die Vernichtung von „rassisch Minderwertigen“.
Dabei missachtete Deutschland alle Bestimmungen des humanitären Völkerrechts und brach mit allen zivilisatorischen Konventionen. Sie übten Terror gegenüber der Zivilbevölkerung aus und zwangen sie zur Zwangsarbeit, vertrieben oder ermordeten sie.