Bei dieser Gruppe von Erkrankungen kommt es zur unkontrollierten Teilung und Wucherung entarteter körpereigener Zellen. Diese Zellen bzw. Gewebeneubildungen werden dann als bösartig (maligne) bezeichnet, wenn sie in andere Körperregionen und Organe streuen (Metastasierung) oder in angrenzende Organe und Strukturen hineinwachsen (Invasion).
Krebserkrankungen können von fast allen körpereigenen Geweben, Organen und Strukturen ausgehen und werden nach ihrer Herkunft entsprechend bezeichnet. Diese Gewebsneubildungen wachsen sehr häufig verdrängend, was zu einer Schwellung (lat.: Tumor) führt. Wichtig ist, dass man die Begriffe Krebs und Tumor nicht synonym verwendet, da es zum einen Tumoren gibt, die nicht bösartig sind, und zum anderen Krebsformen gibt, die nicht tumorartig wachsen (z. B. Formen von bestimmtem Blutkrebs).
Um zu verstehen, wie Krebszellen entstehen können, hilft es zunächst, die Grundlagen des Zellzyklus und die Schutzmechanismen, die darin eingebauten sind und im Regelfall das Entstehen von Krebszellen verhindern, zu verinnerlichen.
Zum besseren Verständnis werden die Phasen des Zellzyklus im Folgenden kurz wiederholt. Der Zellzyklus beschreibt die verschiedenen Phasen der Zellteilung. Nachdem sich eine Zelle geteilt hat und somit aus der Mitosephase kommt, bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder sie geht in die Ruhephase G0 über oder sie macht sich für eine weitere Zellteilung bereit und startet in die G1-Phase. In der G1-Phase bereitet sich die Zelle auf eine erneute Zellteilung vor, indem sie Zellorganellen und Zellplasma sowie DNA-Bestandteile wie Nukleosidtriphosphat bildet. Am Ende der G1-Phase befindet sich der erste wichtige Checkpoint, an dem kontrolliert wird, ob während der G1-Phase alle wichtigen Schritte abgelaufen und die Umweltbedingungen günstig für eine Zellteilung sind.
Passiert die Zelle ohne Mängel den Checkpoint, so geht sie in die Synthese-Phase (S-Phase) über. Hier wird das Erbgut verdoppelt, damit es später in der Mitose auf zwei Zellen aufgeteilt werden kann.
Danach folgt die G2-Phase, nach welcher sich der zweite wichtige Checkpoint befindet. Auch hier wird die Zelle komplett geprüft, besonders, ob bei der DNA-Replikation alles korrekt abgelaufen ist.
Erst wenn auch hier alle Anforderungen erfüllt sind, darf die Zelle in die Mitose eintreten, um sich zu teilen. Während der Mitose greift ein weiterer wichtiger Kontrollmechanismus, der prüft, ob die Chromosomen korrekt vom Spindelapparat getrennt wurden.
Jede Körperzelle enthält Genabschnitte, die das Wachstum, die Teilung und die Differenzierung der Zelle regulieren. Diese Gene, die Anzahl, Größe und Funktion der Zellen eines Gewebes kontrollieren, nennt man Proto-Onkogene. Des Weiteren besitzt jede Körperzelle Genabschnitte, die die Zelle ständig auf DNA-Schäden überprüfen und den Zellzyklus kontrollieren. Man nennt sie Anti-Onkogene. Sie codieren für sogenannte Tumorsuppressorproteine (Suppression = Unterdrückung), die verhindern sollen, dass sich Zellen mit Schäden in der DNA weiter teilen können und so ggf. Tumoren entstehen. Nachdem der Zellzyklus und die Schutzmechanismen etwas präsenter sind, kann man sich besser vorstellen, wie die Tumorsuppressorgene z.B. an den Checkpoints angreifen, um die Zelle zu kontrollieren. Wird ein Fehler in einer Zelle festgestellt, wird sie entweder in den Zellarrest geschickt, wo sie repariert werden muss, oder aber die Apoptose (programmierter Zelltod) eingeleitet.
Wie aber kann es jetzt dennoch zur Entstehung maligner (bösartiger) Tumoren kommen?
Tumoren entstehen, wenn es zu einer unkontrollierten Teilung von Zellen kommt. Dafür bedarf es in der Regel des Ausfalls mehrerer Kontrollmechanismen. Durch ein Zusammenspiel von Mutationen in Proto-Onkogenen und Anti-Onkogenen wird das Entstehen eines Tumors begünstigt. Wenn eine Mutation in einem Proto-Onkogen zu einer Verstärkung dessen Funktion führt (sogenannte „gain-of-function mutation"), so spricht man von einem Onkogen. Dies führt in der Zelle zu zusätzlichem Wachstum und fördert die Zellteilung. Befindet sich eine Mutation in einem Anti-Onkogen, die zu dessen Funktionsverlust führt (sogenannte „loss-of-function mutation“), kommt es im Zellzyklus zum Verlust wichtiger Kontrollmechanismen. Dadurch können sich auch krankhaft veränderte Zellen teilen.
Zellen, bei denen mehrere Mutationen in verschiedenen Kontrollmechanismen auftreten, beginnen unkontrolliert zu wachsen und sich zu teilen. Dabei ist wichtig zu verstehen, dass es häufig Mutationen in Schlüsselproteinen sind, die dazu führen, dass weitere Mutationen nicht erkannt oder repariert werden und sich somit mehrere Mutationen innerhalb einer Zelle anhäufen.