Bismarcks Außenpolitik war zu Anfang auf ein klares Ziel ausgerichtet: Durch ein komplexes Bündnissystem sollte verhindert werden, dass andere Staaten gegen Deutschland in den Krieg ziehen. Dabei machte er sich die folgenden große Konflikte dieser Zeit zunutze:
Wie oben gesehen, bildete Bismarck teils geheime Koalitionen, um einen Konflikt mit anderen Staaten zu umgehen und Frankreich zu isolieren. Dabei gibt es durchaus auch Historiker, die behaupten, im Kriegsfall hätte Deutschland nur verlieren können. Dennoch gelang es Bismarck, Koalitionen gegen Deutschland zu unterbinden. Er übte vordergründig eine Friedenspolitik aus, die als Ziel die Machtsicherung Deutschlands hatte. An dieser Stelle müssen wir aber nochmal kurz auf den Anfang der Reichsgründung zurückblicken: Denn damals strebte Bismarck sehr wohl den Kriegszustand an. Dies hatte einen einfachen Grund. Durch einen Krieg wurden innenpolitische Konflikte und Unzufriedenheit nach außen verlagert. Das Volk hatte einen gemeinsamen Feind, einen anderen Staat, von dem man sich abgrenzen musste. Dadurch wurde die Nationalbewegung gestärkt, konnte aber dennoch von oben gelenkt werden.
Doch zurück zu Bismarcks außenpolitischen Strategien. Wie du bereits gelernt hast, beteiligte sich Deutschland erst spät an den imperialistischen Tätigkeiten Europas. Auch dies war eine Strategie Bismarcks. Er erklärte, Deutschland befände sich in einem Zustand der Saturiertheit. Das heißt, Bismarck verzichtete auf alle außenpolitischen Maßnahmen, die andere Mächte gefährden könnten und strebte keine Verschiebung außenpolitischer Machtverhältnisse an, da diese sein Bündnissystem gefährdet hätten und zu einem möglichen Krieg führen könnten.
Zusammengefasst lässt sich also sagen:
Das vorderste Ziel der damaligen deutschen Außenpolitik war die Sicherung von Ruhe und Frieden in Europa als Voraussetzung für das Überleben des neuen Deutschen Reiches. Dafür nutzte Bismarck die Gegensätze und Konflikte der anderen europäischen Großmächte. Er beschwichtigte die anderen Staaten, indem er offen von einer Saturiertheit Deutschlands sprach und keine territorialen Ansprüche erhob. Er schloss defensive Koalitionen mit anderen Staaten, um einen Angriff gegen Deutschland zu verhindern. Zeitgleich strebte Bismarck die Isolation Frankreichs von allen anderen Staaten an. Allerdings hatte er auch mit Problemen zu kämpfen. Frankreich gab sich nicht einfach geschlagen, sondern erstarkte bald wieder zur Großmacht. Und auch im Balkan kündigten sich Probleme an.
Doch bevor wir genauer auf die außenpolitischen Ereignisse dieser Zeit eingehen, möchten wir dir noch einen Begriff erklären, der eng mit der Außenpolitik Bismarcks verbunden ist: Das Kissinger Diktat von 1877. Denn während sich Bismarck in Bad Kissingen zur Kur aufhielt, diktierte er seinem Sohn seine außenpolitische Strategie, die dieser aufschrieb. Darin werden genau die oben beschriebene Angst vor einem Gegenschlag Frankreichs und das defensive Bündnissystem betont. Es beschreibt somit gut die außenpolitischen Grundzüge Bismarcks Politik.