Mit dem Machtwechsel in der BRD änderte sich auch der politische Kurs des Landes. 1969 wurde Willy Brandt von der SPD Bundeskanzler und löste somit Kurt Georg Kiesinger ab. Bis dahin waren alles Bundeskanzler CDU-Mitglieder. Unter Willy Brandt (SPD) wurde eine neue Ostpolitik verfolgt, die sich auch in der Beziehung zur DDR bemerkbar machte. Prägend war neben Brandt noch ein weiterer Politiker: Egon Bahr war als Minister Teil der Regierung und strebte den „Wandel durch Annäherung“ an.
Die neue Ostpolitik ist eine Ergänzung zur Westintegration und stellt keinen Widerspruch dazu dar.
Durch die Konzentration auf gemeinsame Interessen der BRD und der DDR sollten die Feindseligkeiten beendet und eine Annäherung der beiden Staaten angestrebt werden. Dafür wurden die Hallstein-Doktrin und der Alleinvertretungsanspruch aufgegeben und die DDR zumindest staatsrechtlich anerkannt.
Es wurden verschiedene Verträge und Abkommen geschlossen, die, unter dem Namen „Ostverträge“ zusammengefasst, diese Annäherung in die Tat umsetzten. Diese wurden nicht nur von BRD und DDR unterzeichnet, da es zur Annäherung auch internationale Unterstützung brauchte. Schauen wir uns die einzelnen Verträge genauer an.
- Moskauer Vertrag (12.08.1970): BRD und Sowjetunion erkennen darin die bestehenden Grenzen Europas an, sowie die Achtung der territorialen Integrität und die Unverletzlichkeit der Oder-Neiße-Grenze. Dabei war auch die innerdeutsche Grenze miteingeschlossen. Zudem verpflichteten sich beide Staaten auf einen gegenseitigen Gewaltverzicht und darauf, einen Beitrag zur Sicherheit und zum Frieden in Europa zu leisten.
- Warschauer Vertrag (7.12.1970): Der Warschauer Vertrag hat einen sperrigen offiziellen Namen: Mit dem „Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen“ erkennt die BRD die Westgrenze Polens (Oder-Neiße-Grenze) an und beide Staaten sichern sich gegenseitigen Gewaltverzicht zu. Am Tag der Unterzeichnung kniete Willy Brandt vor dem Denkmal der Helden des Ghettos in Warschau nieder. Dies wird als Kniefall von Warschau bezeichnet und ging als politische Geste in die Geschichte ein.
- Viermächteabkommen (3.9.1971): Die vier vertretenen Mächte in Berlin (USA, UdSSR, Großbritannien und Frankreich) einigten sich über Regelungen für West- und Ost-Berlin. Ergänzt wurde es vom Transitabkommen desselben Jahres zwischen der BRD und der DDR. So wurde den Westberlinern Reisen nach Ostberlin und in die DDR erlaubt und Transitverkehr ermöglicht (ungehinderter Transitverkehr).
- Grundlagenvertrag (21.12.1972): In diesem Vertrag einigen sich die DDR und die BRD auf die gegenseitige staatsrechtliche Anerkennung. Sie respektieren die gegenseitige Souveränität und erkennen die Grundsätze der Vereinten Nationen an. Im September 1973 werden beide deutschen Staaten in die UNO aufgenommen. Die BRD erkennt die Zweistaatlichkeit letztlich an und gibt den Alleinvertretungsanspruch endgültig auf.
- Prager Vertrag (11.12.1973): Mit diesem Vertrag zwischen der BRD und der Tschechoslowakei wurde das Münchener Abkommen (darin ging es um die Abtretung des Sudetengebietes) von 1938 als ungültig erklärt. Die BRD und die Tschechoslowakei nahmen ihre diplomatischen Beziehungen auf.
Die Verträge hatten national und international große Auswirkungen. Durch die Verbesserung der deutsch-deutschen Beziehung wurde auch die internationale Entspannungspolitik vorangetrieben. Die DDR verbesserte ihre außenpolitischen Beziehungen und erlangte Anerkennung durch andere Staaten. Auch für die Bevölkerung hatten die Abkommen Folgen: DDR und BRD Bürger konnten wieder privaten Kontakt pflegen, was vorher nicht möglich war.