Die Französische Revolution sowie deren Folgen (Schreckensherrschaft der Jakobiner, Scheitern der Grundforderungen nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, politische Instabilität in Europa) prägen Goethe und Schiller als Hauptvertreter dieser Epoche nachhaltig. Sie sind überzeugt, dass die Menschen noch nicht bereit für wahre Freiheit sind, weil ihnen die Veredelung des Charakters noch nicht gelungen ist. Der „Ideale Mensch“ muss noch ausgebildet werden, bevor wahre Freiheit und Demokratie möglich sind.
Die Literatur der Weimarer Klassik ist sehr durch den Idealismus geprägt worden. Diese philosophische Richtung lebt von der Grundidee, dass der Mensch durch Erkenntnisse und Denken seine Realität bestimmen kann. Für das Herausbilden des Idealismus sind die Philosophien Kants entscheidend:
Kritik der praktischen Vernunft: Kant betont in dieser Schrift zur praktischen Vernunft, dass die Vernunft des Menschen die Voraussetzung für moralisches Denken und Handeln sei.
Erkenntnisfähigkeit des Menschen: Kant beschreibt die menschliche Erkenntnisfähigkeit als beschränkt und folgert daraus, dass die einem Menschen zur Verfügung stehenden Wahrnehmungsmöglichkeiten die Wahrnehmung der Wirklichkeit entscheidend beeinflussen. Daraus folgt: Die Weimarer Klassik vereint Grundideen der Aufklärung und des Sturm und Drang, es geht um Harmonie und Einklang zwischen Verstand und Seele.
Die Literatur der Klassik ist entscheidend vom Idealismus geprägt. Die antiken Künste gelten als neues bzw. altes Schönheitsideal. In Schillers Briefen fordert dieser eine Wahrnehmung der Kunst, die auch die Gesellschaft befördern kann. Das Menschenbild ist geprägt von „edler Einfalt“ (Einfachheit des behandelten Stoffes) und „stiller Größe“ (große Geisteshaltung) nach Winkelmann.
Durch Literatur und Künste soll der Mensch die ästhetische Erziehung erhalten, das heißt, sein Charakter wird veredelt (Goethe) bzw. er verändert sich durch die drei Stufen menschlicher Entwicklung hin zur schönen Seele.
Stufe 1: Der Mensch in seinem physischen Zustand erleidet bloß die Macht der Natur: Er ist von seiner Sinnlichkeit (seinen Trieben, Gefühlen und Wünschen) geleitet (Naturzustand).
Stufe 2: Der Mensch entledigt sich dieser Macht der Natur zu Gunsten des ästhetischen Zustandes → Der Mensch hat eine erhabene Gesinnung bzw. einen erhabenen Charakter.Er handelt würdevoll, d.h. er kann durch seine moralische Kraft der Geistesfreiheit (also seinen Verstand) seine Triebe beherrschen (erhabener Charakter).
Stufe 3: Der Mensch beherrscht seine Natur in dem moralischen Zustand → er hat eine „Schöne Seele“, d.h. nicht nur die Handlungen wirken nach außen sittlich, sondern der Mensch ist es von innen heraus. Die Seele ist sich nicht bewusst über die Schönheit (also das Gute) ihres Handelns; es ist für sie der einzige Weg, zu handeln. Die „Schöne Seele“ ist davon geprägt, dass Sinnlichkeit und Vernunft, die Pflicht und die Neigung (sprich Dinge, die man gerne macht) harmonieren und ausgeglichen sind.