Eine Stammbaumanalyse kann die perfekte Aufgabe sein, um in einem kurzen Zeitraum die volle Punktzahl zu holen, da die Aufgabenstellung meist klar definiert ist. Nach dem unten angegebenen System kann jeder Stammbaum bearbeitet und analysiert werden. Bevor auf die Analyse von Stammbäumen näher eingegangen wird, werden wir zunächst die wichtigsten Begrifflichkeiten klären.
Um einen Stammbaum erfolgreich analysieren zu können, ist es sehr nützlich, einige wichtige Begriffe zu kennen und auch verwenden zu können. Diese Begriffe können das Schreiben der Stammbaumanalyse sehr gut vereinfachen und bringen zusätzlich Punkte in der Bewertung. Zum besseren Verständnis sind alle Begriffe samt Erklärung noch einmal in der folgenden Tabelle aufgeführt.
Begriff | Definition |
Allel | Ein Allel beschreibt den Phänotypen, also die Ausprägung, eines Gens. Bei einer Stammbaumanalyse kann in "normal" und mutiert unterschieden werden. Ein Individuum hat immer zwei Allele: Eins vom Vater und eins von der Mutter |
autosomal | Die Genmutation liegt auf dem 1. bis 22. Chromosomenpaar. Das ist wichtig, da sich in diesem Fall das Vererbungsmuster bei Mann und Frau nicht unterscheidet |
dominant | Ein dominantes Allel setzt sich bei einem heterozygoten Vererbungsmerkmal gegen das rezessive Allel durch. |
gonosomal | Geschlechtsgebundene Vererbung: Das mutierte Allel liegt auf dem 23. Chromosomenpaar. Unterscheidung in X-chromosomal und Y-chromosomal. |
hemizygot | Hemizygotie bezeichnet das Vorkommen von nur einem Allel durch ein unpaares Chromosom. Dies liegt beispielsweise bei männlichen Individuen vor, da diese ein X-Chromosom mit bestimmten Allelen sowie ein Y-Chromosom mit anderen Allelen besitzen. |
heterozygot | Ein Individuum hat zwei unterschiedliche Allele bezogen auf das zu betrachtende Vererbungsmerkmal. |
homozygot | Ein Individuum hat zwei gleiche Allele bezogen auf das zu betrachtende Vererbungsmerkmal. |
monohybrid | Erbgang, bei dem sich Individuen in nur einem Merkmal unterscheiden. In der Regel handelt es sich bei einer Stammbaumanalyse um monohybride Individuen. |
rezessiv | Ein rezessives Allel wird von einem dominanten Allel "unterdrückt". Ein rezessives Allel muss von Mutter und Vater an den Nachkommen vererbt werden, um im Phänotyp ausgebildet zu werden. |
Als Allererstes gilt es festzustellen, ob es sich um einen dominanten oder rezessiven Erbgang handelt. Dabei kann ein rezessiver Erbgang nicht immer bewiesen oder widerlegt werden. Jedoch kann anhand einiger Merkmale ein dominanter Erbgang sicher ausgeschlossen werden.
Wichtig: Die Häufigkeit der Erkrankung gibt lediglich ein Indiz für einen Erbgang, kann jedoch nicht als Beweis angeführt werden!
Generationssprünge gibt es nur bei rezessiven Erbgängen und sie sind damit das sichere Ausschlusskriterium für dominante Erbgänge. Durch das Erkennen eines Generationssprunges kannst du bereits die dominanten Vererbungsmodi verlässlich ausschließen und sicher Punkte sammeln.
Bei autosomalen Erbgängen liegt das erkrankte Allel auf einem der 22 autosomalen Chromosomen, die geschlechtsunspezifisch sind. Man erwartet daher hier eine Gleichverteilung der Erkrankung zwischen den Geschlechtern. Da dies jedoch nur auf Wahrscheinlichkeiten beruht, kann man anhand der Verteilung so keine autosomalen Erbgänge beweisen. Man muss also auch hier für einen sicheren Beweis den gonosomalen Erbgang ausschließen.
Bei gonosomalen Erbgängen liegt das erkrankte Allel auf einem der Geschlechtschromosomen, also auf dem X- oder dem Y-Chromosom. Da diese Allele zwischen Männern und Frauen ungleich verteilt sind, wird bei gonosomalen Erbgängen grundsätzlich eine ungleiche Erkrankungshäufigkeit zwischen den Geschlechtern erwartet. Wie oben beschrieben kann man sich für einen Beweis nie auf Wahrscheinlichkeiten berufen. Es gilt also wieder einmal das auszuschließen, was es nicht sein kann. Die jeweiligen Ausschlusskriterien werden in den folgenden Kapiteln dargestellt.
Ein recht leichter Ausschluss ist für Y-chromosomale Erbgänge möglich. Diese sind zwar sehr selten, gehören aber in einer vollständigen Stammbaumanalyse dazu. Da nur Männer ein Y-Chromosom besitzen, können bei diesem Vererbungsmodus auch nur Männer betroffen sein. Ist nur eine Frau des gesamten Stammbaumes erkrankt, so gilt ein Y-chromosomaler Erbgang als widerlegt. Außerdem hat bei diesem Vererbungsmodus jeder erkrankte Vater nur erkrankte Söhne, da diese sein mutiertes Y-Chromosom erhalten.
Da Männer in der Regel nur ein Y-Chromosom besitzen, sind sie bezogen auf die Allele der Geschlechtschromosomen als hemizygot zu betrachten und fallen damit nicht unter die klassische Einteilung von dominanten und rezessiven Erbgängen. Sie werden daher im Folgenden nicht weiter beachtet. Wenn nun von gonosomalen Erbgängen die Rede ist, so ist immer der X-gonosomale Erbgang gemeint.
Hast du nun einen dominanten Erbgang durch Generationssprünge ausschließen können, hast du automatisch bewiesen, dass es sich um einen rezessiven Erbgang handelt. Anschließend gilt es herausfinden, ob es sich um einen rezessiv-autosomalen oder um einen rezessiv-gonosomalen Erbgang handelt. Auch hier geht man nach dem Ausschlussprinzip vor:
Fazit: Lässt sich ein gonosomaler Erbgang nicht ausschließen und passt auch die Geschlechterverteilung, so ist ein gonosomaler Erbgang anzunehmen. Bewiesen ist dieser jedoch nicht zu 100 %, da man einen autosomalen Erbgang nicht ausschließen kann. Dies muss bedacht werden und auch in der Stammbaumanalyse diskutiert werden.
Kann ein dominanter Erbgang nicht ausgeschlossen werden und sind relativ viele Individuen erkrankt, kann angenommen werden, dass es sich um einen dominanten Erbgang handelt. Hierbei sollte jedoch bedacht werden, dass es sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch um einen rezessiven Erbgang handeln könnte. Dieser kann anhand des Stammbaums nicht ausgeschlossen werden und sollte daher auch in der Stammbaumanalyse erwähnt werden.
Bei der weiteren Analyse solltest du dann nichtsdestotrotz von einem dominanten Erbgang ausgehen und untersuchen, ob es sich um einen autosomal- oder gonosomal-dominanten Erbgang handelt. So wie beim Vorgehen bei rezessiven Erbgängen kann auch hier nur ein gonosomaler Erbgang sicher ausgeschlossen werden:
Fazit: Konnte kein gonosomaler Erbgang ausgeschlossen werden und spricht die Geschlechterverteilung unter den Kranken für einen gonosomalen Erbgang, so nimmt man an, dass es sich auch um einen solchen Erbgang handelt. Beweisen kann man dies jedoch nicht zu 100 %, da es keine Ausschlusskriterien für einen autosomalen Erbgang gibt. Man erwähnt dies in seiner Stammbaumanalyse und verweist aufgrund der Wahrscheinlichkeiten darauf, dass es sich eher um einen gonosomal-dominanten Erbgang handeln wird.