Woyzeck besucht zusammen mit Marie den Jahrmarkt im Dorf. Ein alter Mann singt vom Sterben und spielt dazu die Leier, während ein Kind dazu tanzt. Es herrscht ausgelassene Stimmung und Woyzeck scheint in besserer Konstitution zu sein. Ein Ausrufer führt tierische Kuriositäten vor, wobei er die Ähnlichkeit von Mensch und Tier beweisen will und vergleicht dabei ausgerechnet einen Affen mit einfachen Soldaten als unterste Stufe der Gesellschaft. Woyzeck und Marie lassen sich von dessen Ausführungen dazu anregen, die Vorführung in der Bude zu besuchen.
Währenddessen werden der Unteroffizier und der Tambourmajor auf Marie aufmerksam und schwärmen von ihr, die „zur Zucht von Tambourmajors“ geeignet sei.
In der Bude werden ein Pferd und die menschliche Existenz einander gegenübergestellt, indem das Pferd verschiedene Kunststücke vorführt und damit die Ähnlichkeit zwischen Menschen und Tieren wiederum bewiesen werden soll.
In dieser Szene gibt es zwei Ebenen, die es sie anzuschauen lohnt:
Aus Sicht des Autors könnte man also sagen: Die Szene beweist, dass die Menschen animalisch und triebgesteuert sind und ihr Verstand oft fehlt.
Marie sitzt mit ihrem Kind zusammen in ihrer kleinen Kammer und bestaunt im Spiegel die Ohrringe, die der Tambourmajor ihr geschenkt hat: „S’ ist gewiss Gold! Unsereins hat nur ein Eckchen in der Welt und ein Stückchen Spiegel und doch hab ich einen so roten Mund als die großen Madamen mit ihren Spiegeln von oben bis unten und ihren schönen Herrn, die ihnen die Händ küssen, ich bin nur ein armes Weibsbild.“
Woyzeck überrascht sie und wundert sich über den Schmuck, aber Marie gibt vor, die Ohrringe gefunden zu haben. Auf sein skeptisches Nachfragen hin reagiert Marie erbost, indem sie fragt, ob sie eine Dirne sei.
Woyzeck geht nicht weiter darauf ein, sondern schaut nach seinem Sohn und stellt fest, dass dieser unbequem liegt und im Schlaf schwitzt, woraufhin er erklärt, die armen Leute schwitzten sogar im Schlaf. Schließlich gibt er Marie seinen letzten Lohn und noch seinen Zusatzverdienst vom Hauptmann, dann lässt er sie wieder allein. Marie bezeichnet sich als „schlecht Mensch“ und sagt, dass sie sich erstechen könne.
In dieser Szene steht wieder Marie im Mittelpunkt und ihre Situation zwischen den zwei Männern wird beleuchtet: Der Tambourmajor wirbt offensiv um sie, indem er ihr Ohrringe geschenkt hat. Diese geben Marie das Gefühl sozialer Anerkennung, sie wird durch dieses kleine Geschenk dazu verleitet darüber nachzudenken, dass sie selbst zwar nur eine Frau aus der Unterschicht ist, sich aber dennoch aufgrund ihrer Schönheit mit den Frauen der Oberschicht messen könnte. Der Tambourmajor bedeutet für sie also zum einen, dass sie Anerkennung als Frau erfährt, weil er sie attraktiv findet. Zum anderen würde er als attraktiver Mann, der unter den armen Leuten sozial angesehen ist und der in der Lage ist, ihr Geschenke zu machen, ihr auch eine gewisse Aufwertung verschaffen, wenn sie eine Beziehung mit ihm einginge. Das Lied, das sie singt, zeugt von ihrem Traum, dem Alltag zu entfliehen. Das „Zigeunerland“ steht für Abenteuer, Freiheit und Ferne.
Der Auftritt Woyzecks wiederum bedeutet für sie die unsanfte Rückkehr in den Alltag, sie bedeckt erschreckt ihre Ohrringe. Woyzeck jedoch vertraut ihr so sehr, dass er trotz der merkwürdigen Umstände ihr glaubt, dass sie die Ohrringe gefunden hat.
Durch sein Verhalten wird deutlich, dass er, so gut es geht, finanziell für seine Familie sorgt, dass er sich um sein Kind kümmert und sich Gedanken um dessen Wohl macht und dass er offensichtlich durch seine Arbeit so gehetzt und belastet ist, dass er keine Zeit für seine Familie hat („Alles Arbeit unter der Sonn, sogar Schweiß im Schlaf. Wir arme Leut!“; „Ich muss fort. Heut Abend, Marie. Adies“).
Immer mehr verfestigt sich zudem der Eindruck, dass Marie das Einzige ist, was Woyzecks Leben einen Sinn gibt.
Nach Woyzecks Aufbruch zeigt sich Maries Gewissenskonflikt. Sie hält sich für einen schlechten Menschen und denkt sogar daran sich zu erstechen (eine Vorausdeutung auf ihren tatsächlichen Tod), weil sie sich auf den Tambourmajor einlassen will. Gleichzeitig rechtfertigt sie aber auch ihre Handlungen mit der Sinnlosigkeit der menschlichen Existenz und vor allem der moralischen Regeln: Egal ob Mann oder Frau, alle gingen zum Teufel. Dies zeigt ihre deterministisch-fatalistische Einstellung, nach der der Mensch ohnehin nichts an seinem Schicksal und an seiner Situation ändern kann (Nihilismus als Ansatz sich persönlicher Verantwortung zu entziehen).