Bei unserem letzten Thema handelt es sich um die Hypothesentests. Für viele stellen diese ein Buch mit sieben Siegeln dar. Da Hypothesentests jedoch leicht verdiente Punkte sein können, sobald man sie einmal durchschaut hat, soll ihr Zweck nun erstmal durch eine Geschichte erläutert werden.
Es war einmal vor langer Zeit ein Narr, der auf dem Marktplatz ein Glücksspiel anbot. Jeder, der einen Einsatz bezahlte, durfte mitspielen. Man musste mit dem Würfel des Narrens würfeln und verlor, sollte man die 6 werfen.
Nachdem einige Zeit vergangen war und der Narr eine Menge Geld gewann, wurde der König auf ihn aufmerksam. Da viele Dorfbewohner Geld beim Narren verloren hatten, wurde der Narr des Betrugs beschuldigt und wurde dem König vorgeführt.
Der König dachte sich folgenden Test aus, um zu entscheiden, ob unser Narr zum Tode verurteilt werden solle, oder weiterleben dürfe: Der Narr sollte selbst mit seinem Würfel werfen und die Sechsen sollten gezählt werden. Er bekam 50 Würfe und wenn er mehr als zwölfmal die 6 wirft, so war davon auszugehen, dass er die anderen Spieler betrog.
Von seiner Unschuld überzeugt begann der Angeklagte unbeschwert zu würfeln. Er erstarrte jedoch vor Angst, als sein Würfel im letzten Wurf zum dreizehnten Mal die 6 zeigte. "Das könne doch nicht sein, die Götter selbst seien sein Zeuge, er sei unschuldig!" sagte er zum König. Doch der König verurteilte den Narren, den er für einen Betrüger hielt, zum Tode und ließ ihn abführen.
Vor seiner Hinrichtung bat dieser jedoch um eine Audienz beim König. Er griff in den vermeintlich letzten Momenten seines Lebens zur Mathematik, welche ihn noch nie enttäuscht hatte. Und so sagte er dem König folgendes:
„Oh mein König höret mich an. Euer Test basiert auf Wahrscheinlichkeiten. So fällt die Augenzahl Sechs im Schnitt bei einem aus sechs Würfen. Es kann aber auch passieren, dass dies seltener oder häufiger geschieht. Dass es bei mir dreizehnmal der Fall war, ist zwar unwahrscheinlich, aber sagt nichts darüber aus, ob ich schuldig bin.“ Der König wollte von diesem Gequatsche über Wahrscheinlichkeit nichts hören. Er habe entschieden und dabei bleibe es! Der Narr müsse sterben.
Wenn wir nun versuchen das Verfahren des Königs in einen Hypothesentest zu verpacken, so gilt es folgendes zu beachten:
Bei einem Hypothesentest werden zwei Aussagen über einen Sachverhalt getroffen. Diese widersprechen sich stets. In unserem Fall wären diese beiden Aussagen:
H0: Der Narr betrügt nicht und hat den Würfel nicht manipuliert.
H1: Der Narr betrügt und sein Würfel ist manipuliert.
Um festzulegen welche Aussage welcher Hypothese entspricht, beachte folgendes:
Die H0-Hypothese ist grundsätzlich die Hypothese, bei der sich nichts verändert. Soll beispielsweise die Frage geklärt werden, ob ein Würfel präpariert ist, so sagt die H0-Hypothese aus, dass es sich um einen unveränderten, bzw. fairen Würfel handelt. Wenn es beispielsweise um Wahlen geht, verfährt man nach dem gleichen Prinzip: Hatte der Gewählte vorher 40% und man möchte feststellen, ob sich das Ergebnis geändert hat, ist die H0-Hypothese, dass er immer noch 40% erhält. Die Wahrscheinlichkeit, welche zur H0-Hypothese gehört, wird p0 genannt.
Die H1-Hypothese ist stets die gegenteilige Hypothese. Also diejenige, bei der sich etwas verändert hat. Beispielsweise könnte die Wahrscheinlichkeit für eine Sechs bei einem Würfel nicht mehr länger bei 16% liegen, sondern höher oder auch tiefer. Die Wahrscheinlichkeit, welche zur H1-Hypothese gehört, wird p1 genannt.
Unser König beurteilt welche der beiden Aussagen zutrifft, indem er die Anzahl der Würfe zählt, welche die Augenzahl 6 haben.
Unsere Treffer sind also „Der Würfel zeigt die Augenzahl 6“. (Notiert wird dies wie folgt: X = Eine 6 wird geworfen“). Anhand der Aussagen und unserer Kenntnis darüber, was wir als Treffer werten, können wir die zur Aussage dazugehörigen Wahrscheinlichkeiten notieren.
Die Wahrscheinlichkeit für H0 wäre jene, dass der Narr eine 6 würfelt ohne zu betrügen. Das bedeutet: p0 = 1/6.
Die Wahrscheinlichkeit für H1 wäre jene, dass der Narr eine 6 würfelt mit einem von ihm manipulierten Würfel. Das bedeutet, die Wahrscheinlichkeit müsste sich für ihn verbessert haben: p1 > 1/6.
Für welche Aussage sich der König entscheidet, hängt von der kritischen Zahl ab. Diese beschreiben wir mit k. Sie wird zur Grundlage unserer Entscheidungsregel.
In unserer Geschichte möchte der König bei mehr als 12 Treffern davon ausgehen, dass der Narr betrügt, also H1 zutrifft. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass bei 12 oder weniger Treffern angenommen wird, dass der Narr nicht betrügt und weiterleben darf, also H0 zutrifft.
Aufschreiben lässt sich dies wie folgt:
Entscheidungsregel für H0: k ≤ 12
Entscheidungsregel für H1: k > 12
Nun kann es jedoch passieren, dass eine Aussage angenommen wird, obwohl tatsächlich eine andere zutrifft. So wird zum Beispiel unser Narr aufgrund des Würfelns verurteilt, obwohl er tatsächlich unschuldig war. Der König entscheidet sich bei der Geschichte für H1 (der Würfel ist gefälscht), obwohl eigentlich H0 stimmt. Man spricht hier vom Fehler 1. Art oder auch vom α-Fehler.
Fehler 1. Art (auch Signifikanzniveau oder α-Fehler genannt): Ich entscheide mich für H1, obwohl eigentlich H0 richtig ist.
Schreibweise:
Fehler 2. Art (auch β-Fehler genannt): Ich entscheide mich für H0, obwohl eigentlich H1 richtig ist.
Schreibweise