Stell dir folgende Situation vor: Du bist Kampfjetpilot in der Bundeswehr und deine Aufgabe ist es, den Luftraum über Deutschland zu schützen. Nun tritt eines Tages tatsächlich der Ernstfall ein und ein Passagierflugzeug wird entführt. Die Entführer lassen über Funk bekannt geben, dass sie planen, das Flugzeug so abstürzen zu lassen, dass dabei möglichst viele Menschen ums Leben kommen. Du begibst dich in die Luft, um zu versuchen, das Schlimmste zu verhindern. Jedoch funktioniert weder der Versuch, das Flugzeug abzudrängen, noch wird auf deinen Warnschuss eingegangen. Nun ist auch klar, dass das Flugzeug direkt auf ein gefülltes Stadion zusteuert, in dem sich 10.000 Menschen befinden. Eine letzte Möglichkeit wäre, dass Flugzeug abzuschießen und dieses somit außerhalb der Stadt zum Absturz zu bringen. Dabei würden zwar die etwa 300 Menschen an Bord ums Leben kommen, aber die 10.000 Menschen im Stadion würden am Leben bleiben (vgl. "Terror" - Ferdinand von Schirach, 2015).
Wie würdest du dich entscheiden? Was wäre die moralisch richtige Handlung?
Die Frage, was moralisch gutes Handeln ist, beschäftigt die Ethik seit Jahrhunderten und im Laufe der Zeit wurden die verschiedensten Antworten auf diese ethische Frage formuliert. Eine der bekanntesten Ethiken ist der sogenannte Utilitarismus. Vom lateinischen Wort utilitas (Nützlichkeit) abgeleitet, wird der Utilitarismus auch als Nützlichkeitslehre bezeichnet. Beim Utilitarismus wird eine Handlung anhand ihrer Folgen beurteilt, es handelt sich hierbei also um eine teleologische Ethik (gr. télos = Ziel). Eine Handlung wird danach beurteilt, ob ihre Folgen für das Wohlergehen der größten Menge aller Betroffenen gut sind. Der Utilitarismus wurde zunächst von Jeremy Bentham im 18. Jahrhundert in England entworfen, welcher den quantitativen Utilitarismus entwickelte.
Bevor du dich intensiver mit dem Utilitarismus auseinandersetzt, überlege doch mal, wie dieser anhand der Informationen, die du jetzt schon hast, unser Gedankenexperiment bewerten würde.