Einige Kritikpunkte des Utilitarismus wurden bereits angesprochen, man kann diesen jedoch noch weitere hinzufügen. Der klassische Utilitarismus würde theoretisch Versprechungen und Verträge unnütz machen, da sich immer eine Situation ergeben kann, in der es einen größeren Nutzen für alle Beteiligten haben könnte, diese zu brechen.
Manche Personen haben uns gegenüber andere Rechte. So fühlt sich ein Vater oder eine Mutter den Kindern stärker verpflichtet als einem Fremden, der Utilitarismus gebietet aber, jeden gleich zu behandeln und zu werten.
Manchmal muss der Einzelne auch vor der Mehrheit geschützt werden. So kann es nicht sein, dass mir bei einem Routinearztbesuch Organe entnommen werden, nur weil dadurch mehrere Menschen gerettet werden könnten.
In Mills qualitativem Utilitarismus geht es darum, dass die Mehrheit der Personen, die beide Freuden kennen, sich laut Mill immer für die qualitativ höhere Freude entscheiden würde, doch woher wollen wir wissen, ob dies wirklich so ist?
Des Weiteren ist eine reale Gefahr des Utilitarismus, dass Minderheiten und Randgruppen unterdrückt und ausgegrenzt werden, da es immer nur um das Glück der größten Zahl geht. Das Individuum verschwindet in der Masse. So müssen wir nur in unsere eigene Geschichte blicken, um zu sehen, dass Minderheiten schnell ausgegrenzt, verfolgt und gegebenenfalls auch getötet werden können. Alles unter dem Deckmantel des „Wohles des Volkes“.
Wir wollen uns nochmal gemeinsam das Gedankenexperiment vom Anfang anschauen. Wie würde zum Beispiel der Regelutilitarismus diesen Fall beurteilen?
Wir können davon ausgehen, dass ein utilitaristisch aufgestellter Regelkatalog die Regel enthält, dass man nicht töten darf, da dies in der Mehrheit der Fälle am nützlichsten ist.
Der Pilot aus unserem Beispiel muss sich also an das Tötungsverbot halten und darf daher die Maschine nicht abschießen, da er somit aktiv Menschen töten würde. Die Personen im Stadion werden durch das Flugzeug zwar sehr wahrscheinlich getötet werden, aber dies ist im Falle des Pilots ein Sterbenlassen und kein aktives Töten. Prüfe dieses Beispiel doch mal mit den anderen Formen des Utilitarismus, welche Schwierigkeiten fallen dir dabei auf?
Im schriftlichen und mündlichen Abitur wird das Thema des Utilitarismus oft im Zusammenhang mit der deontologischen Ethik geprüft. Dabei wird dann gefordert, anhand einer ethischen Frage die deontologische Ethik Kants dem Utilitarismus als Vertreter der teleologischen Ethik gegenüberzustellen. Ebenfalls wird von den Prüflingen erwartet, konkrete ethische Probleme, zum Beispiel im Bereich der Medizinethik (Präimplantationsdiagnostik ja oder nein) oder im Themenfeld von Recht und Gerechtigkeit (Todesstrafe legitim oder nicht), mit Hilfe der verschiedenen Formen des Utilitarismus zu überprüfen. Dabei gilt es auch darzustellen, zu welchen (z.T. unterschiedlichen) Ergebnissen der quantitative, der qualitative, der Handlungs- und Regelutilitarismus, sowie der Präferenzutilitarismus kommt. Dabei ist es auch wichtig, sicher mit dem Umgang der Fachtermini zu sein.