Mit seiner Ethik vertritt Peter Singer nicht wie viele andere Philosophen den Anthropozentrismus, sondern den Pathozentrismus als eine von vier naturethischen Grundpositionen.
Vertreter des Anthropozentrismus sind zum Beispiel Immanuel Kant und René Descartes, welche in ihrer Philosophie den Menschen in den Mittelpunkt jeder ethischen Entscheidung stellen und ihm als einzigem Wesen einen moralischen Wert zuschreiben. Die Position zeichnet sich dadurch aus, dass der Mensch sich aus Umwelt und Tierreich bedienen und sie als reine Ressource nutzt bzw. sogar missbrauchen dürfe.
Mit dem Pathozentrismus wird diese Sichtweise jedoch ausgeweitet und auf das Tierreich mit allen empfindungsfähigen Wesen ausgedehnt. Allen empfindungs- oder leidfähigen Wesen wird ein Eigenwert zugemessen, der mit Abstufungen zu- oder abnimmt. Damit herrscht eine egalitäre (gleiche) Bewertung von Lebewesen. Im Pathozentrismus gilt es vor allem durch die Berücksichtigung von Interessen, Leid zu vermeiden. Er ist in der Regel auf Menschen und Tiere beschränkt und dient den meisten tierethischen Positionen als Ansatz.
Weiter ausgedehnt wird diese Position im Biozentrismus. Er besagt, dass alles Leben um seiner selbst willen einen Eigenwert besitzt und moralische Rücksichtnahme verdient. Die Natur soll geschützt und darf nicht aus reinem Nutzen für die Menschheit ausgebeutet und instrumentalisiert werden. Wir finden den Biozentrismus in eingeschränkter Form sogar in der Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft (BV). In dieser heißt es in Art. 120 Abs. 2 Satz 2, dass der Begriff der Würde in Anwendung auf den Kontext von Natur und Tier in erster Linie ausdrücken soll, „dass der Mensch auch die nicht-menschliche Kreatur in ihrem Selbstzweck und Selbstwert anerkennt und vor der grundlosen Beschädigung oder Vernichtung schützt“. Dies wird aber nicht weiter ausgeführt und bezieht sich nicht auf das Töten oder die Züchtung von Tieren als Nahrungserwerb, da diese nicht als grundlos, sondern nützlich verstanden wird. Häufig wird im Biozentrismus von Natur anstelle von Leben gesprochen, weshalb man ihn leicht mit der Grundposition des Holismus verwechselt oder gleichsetzt.
Der Holismus fasst jedoch die Auffassung des Biozentrismus noch deutlich weiter auf und besagt, die Natur sei in ihrer Gesamtheit moralisch zu berücksichtigen. Somit seien nicht nur alle Lebewesen, sondern auch die unbelebte Natur (z.B. Steine oder Flüsse) zu pflegen und zu schützen, da ihnen allen ein Eigenwert zugesprochen wird.
Stell dir einmal folgende Situation vor: Es geht um den Bau einer Autobahn. Diese würde für viele Menschen Vorteile bringen: ein schnelleres Erreichen der Arbeit; die sonst so stark mit Abgasen und Lärm belasteten Dörfer würden nun eine Steigerung ihrer Lebensqualität erfahren; es würde weniger Treibstoff verbraucht; Arbeitsplätze im Baugewerbe gesichert.
Doch was ist eigentlich mit der Umwelt und den Lebewesen? Die neue Straße kann nur durch ein Forstgebiet gebaut werden, um wirklich effizienter zu sein. Was sollte nun getan werden? Überlege, wer vom Bau der Autobahn betroffen ist und wie aus den vier naturethischen Positionen heraus argumentiert werden könnte.
Anthropozentrismus | Folgen können Lärm- und Schadstoffbelastung sein. Auch die Natur kann „verschandelt“ werden, die für den Menschen ein wertvolles Landschaftsbild darstellt. Diesen Punkten steht die Effizienz der kürzeren Wege (weniger Schadstoffe) entgegen. Der Mensch sieht eine Nützlichkeit im Bau der Autobahn |
Pathozentrismus | Lebensraumzerstörung von leidensfähigen Tieren. Tiere können überfahren werden. |
Biozentrismus | Autobahn zerstört Leben von Tieren und Pflanzen, die für den Bau weichen müssten – ganze Ökosysteme können so zerstört werden. |
Holismus | Die Natur hat einen unabhängigen Wert, den es zu schützen gilt – Bundesnaturschutzgesetz – unabhängig von menschlichen Bedürfnissen. |