Diese Frage ist (auch aktuell) wohl die umstrittenste, wenn es um das Thema Tierethik geht. Sicherlich hast du da eine eigene Meinung zum Thema. Überlege dir doch einmal vorab, welche Argumente du für deine Position vertreten würdest – egal ob du Fleisch isst oder dich vegetarisch oder vegan ernährst.
Wie bereits in den vorherigen Kapiteln angesprochen, handelt auch dieses Thema vom Verhältnis zwischen Menschen und Tieren. Ebenso wie Menschen haben auch Tiere Bedürfnisse, welche wir nicht untergraben sollten. Zudem haben Tiere ebenfalls einen Wert, der zwar etwas anders eingestuft wird als der Wert des Menschen, jedoch bei dem Umgang mit Tieren zu berücksichtigen ist. Das ist für die meisten Haustierbesitzer auch selbstverständlich. Das Haustier, welches zu einem Teil der Familie wird, auf das man aufpasst und sich kümmert. Niemals würdest du deinem Haustier etwas antun oder es gar essen. Auch wer kein Haustier besitzt, wird das sicher nachvollziehen können. Bei Nutztieren gehen die Meinungen jedoch stark auseinander.
Grundlegend gilt, dass Menschen dazu verpflichtet sind, tierisches Leben zu schützen und grundloses Zufügen von Schmerzen und Leid laut Tierschutzgesetz untersagt ist. Gleichzeitig ist auch im Tierschutzgesetz formuliert, wie ein Tier zu töten ist. Dies darf nur in einem „Zustand der Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit“ (Tierschutzgesetz, Dritter Abschnitt §4) geschehen. Durch diese Grundlage soll das Leid von Tieren sowohl zu Lebzeiten als auch im Zeitpunkt des Todes vermieden werden.
Menschen kommt eine Menschenwürde zu, da wir uns durch unsere Autonomie von Trieben lossagen können und unsere Existenz ein Zweck an sich darstellt. Bei Tieren ist dies anders. Diese haben auch einen Wert, welcher sie schutzbedürftig macht, da sie eben auch Lebewesen sind. Der Wert des Tieres steigt in vielen Konzeptionen je nach Entwicklung und Komplexität des Tieres, wodurch einem Menschenaffen mehr Wert zugeschrieben wird als einer Maus. Sie haben kein Zukunftsdenken und werden ausschließlich von ihren Trieben geleitet. Daher kann argumentiert werden, dass dem Tier durch seinen Tod nur das Leben genommen wird, aber keine Zukunft. Zudem versorgen uns Tiere mit Nahrung; Menschen züchten extra dafür Nutztiere, welche mittlerweile nur noch diesem Zweck entsprechen.
Utilitaristisch betrachtet ist es in Ordnung, ein Tier zu töten, um damit mehrere Menschen zu ernähren. Auch wenn das Tier nur einen Menschen ernähren würde, wäre es nach Singer vertretbar, das Tier zu töten, da das Überleben eines Menschen, welcher nützlicher als ein Tier ist, präferiert würde.
Dieser Meinung stehen besonders die naturethischen Positionen des Pathozentrismus, Biozentrismus und Holismus entgegen. Diese Positionen gehen zunehmend von einem moralischen Wert aller Wesen und Dinge auf der Welt aus. Folglich ist es nicht zu vertreten, Tiere zu töten, um die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Dagegen spricht ebenfalls, dass der Wert des Tieres durch die Lebensumstände oder Bedingungen des Todes nicht gewürdigt wird, wie beispielsweise in der Massentierhaltung. Weiterführend kann argumentiert werden, dass durch den Tod des Tieres ein Leben verloren geht, welches einen Wert an sich darstellt. Zudem haben Tiere ebenfalls einen Wert, dem sich einerseits durch die Würdekonzeption der Kreaturen und andererseits durch die Charakterisierung des Personenbegriffs angenähert wird. Dieser Wert unterscheidet sich zwar von der Menschenwürde, dennoch ist er sowohl moralisch als auch rechtlich zu berücksichtigen. Spitzt man dies zu, wäre ein Töten anderer, egal ob Mensch oder Tier ohne vernünftigen Grund unrecht (das Töten eines Menschen stellt schließlich eine Straftat dar).
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass diese Frage individuell beantwortet werden muss. Jeder Mensch muss sich eigenständig eine Meinung dazu bilden, ob es persönlich vertretbar ist, ein Tier zu essen. So gibt es eben auch landwirtschaftlich Beschäftigte, die ihre Tiere angemessen behandeln und ihnen sowohl ein erfülltes Leben als auch einen „würdevollen“ Tod ermöglichen. Gleichzeitig sieht das an vielen Orten ganz anders aus. Entscheidest du dich daher auf die Qualität deiner Nahrung zu achten oder verzichtest du vollständig auf Fleisch oder tierische Produkte? Beide Wege sind legitim und letztlich eine individuelle Entscheidung, inwieweit man sich über das Leben bzw. das Wohl eines Tieres stellen möchte.Der Naturbegriff tritt immer häufiger in den ethischen Kontext, wenn es um Tierethik und Technikethik geht. Die vier zentralen Grundpositionen der Naturethik dienen als Argumentationsfundament. Hierbei geht es um das menschliche Handeln gegenüber Tieren und der Natur selbst. Gerade der Aspekt der Tierethik wird häufiger mit dem Utilitarismus und Kants Ethik in Verbindung gesetzt, wenn es darum geht, ob Tiere getötet werden dürfen und welche Rechtszusprechung möglich ist. Hier findet häufig der Begriff des Pathozentrismus Anwendung. Leidfähigkeit wird in Bezug auf andere Lebewesen (Tiere und Mitmenschen) erörtert.