Optimierung des Menschen – Verbesserung, Steigerung, Verstärkung, Erhöhung – so können wir den Begriff „Enhancement“ übersetzen. Diskutiert wird hierbei der Einsatz von Mitteln und Verfahren zur Verbesserung menschlicher Eigenschaften. Es ist kein rein medizinischer Anwendungsbereich, da hierbei keine Bekämpfung von Mangelzuständen (Krankheiten oder Behinderungen) im Fokus steht, sondern der Optimierungsgedanke. Im engeren Sinne werden biomedizinische Mittel und Verfahren zweckentfremdet eingesetzt, um gesunde Menschen zu verbessern. Praxisbeispiele hierfür stellen Doping im Sport und ästhetische Eingriffe dar.
Die ersten gentechnisch veränderten Babys kamen am 26. November 2018 zur Welt. Es stellte sich die Frage, ob wir damit einen Tabubruch begangen haben. Für Dabrock mit Sicherheit, da hier Menschenversuche durchgeführt wurden. Die Folgen seien bisher nicht genau absehbar. Für Merkel ergibt sich hieraus eine neue Menschheitsfrage. Heutzutage hätten wir die technischen Möglichkeiten, unsere Spezies in ihrer Biologie grundlegend zu verändern und eine neue Form des Menschseins zu erzeugen. Keimbahneingriffe seien somit dramatische Eingriffsmöglichkeiten.
Jedoch muss diese Technik erst genau kontrollierbar für uns werden, sodass Risiken gegen Null laufen. Bei völliger Beherrschbarkeit stehe einer Nutzung dann, so Merkel, nichts mehr im Wege. Ihr Nutzen für therapeutische Zwecke, im Sinne einer umfassenden Krankheitsausrottung durch gezielte Geneingriffe, sei dann gegeben. Wir wollen uns am liebsten immun gegen Krankheiten machen. Es ist nachvollziehbar, dass wir Krankheiten therapieren wollen – und das am besten präventiv (vor Ausbruch). Jedoch stellt sich die Frage: Dürfen wir das? Wir müssen hier klare Grenzen beim Einsatz genetischer Eingriffe ziehen. Ein Genomeingriff, der schwerwiegende Krankheiten ausschaltet, erscheint uns einleuchtend. Aber wie sieht es bei der Optimierung menschlicher Fähigkeiten aus – höhere Konzentrationsfähigkeit, besseres Erinnerungsvermögen, mehr Leistung?
Merkel sieht dies eher kritisch, da durch diese „unnötigen“ Eingriffe sozialer Druck die Folge sein könne. Eltern könnten dann gesagt bekommen: „Besser, sie optimieren Ihr Kind, um ihm nicht Nachteile für seine Lebensführung mitzugeben, während der Nachbar das an seinen Kindern sehr wohl durchführen lässt.“ Die Verhinderung einer solchen freiheitsfeindlichen Dynamik sei Staatsaufgabe.
Wir Menschen haben einen Drang zur Kontrollierbarkeit. Wir kontrollieren fast alles um uns herum, warum dann nicht auch den Blick in unser Innerstes angehen: Eingriffe in unsere Gene.
Der Drang zur Selbstverbesserung ist groß, doch die offensichtliche Folge wäre, dass wir unsere Talente nicht mehr wertschätzen würden und unsere Verantwortung nach und nach aushöhlen. Wir wollen im Vorfeld alles über künftiges Leben entscheiden. Das bedeutet aber auch eine Last für uns. Eltern müssten so alles vorentscheiden, wenn wir die Möglichkeiten zur genetischen Optimierung einräumten – also eine moralische Last, die wir so nicht als Weg einschlagen müssten.
Im Bereich der vorgeburtlichen Möglichkeiten könnte es zu einer Verschiebung unserer Normen kommen. Der Zufall spielt dann keine Rolle mehr und die Autonomie des künftigen Lebens wäre diesem bereits vor der Geburt genommen, es würde also heteronom vorentschieden.