Wenn es um medizinische Entscheidungen und richtungsweisende Schritte geht, kommt der Rolle des Patienten eine große Bedeutung zu. Hierbei kommt es zu Spannungsverhältnissen zwischen Autonomie und Gesundheit, Wertvorstellungen des Patienten und Wertvorstellungen des Arztes.
Bei der Interaktion zwischen Arzt und Patient existieren verschiedene Modelle:
Diese drei Modelle zeigen die Achtung des Willens eines Patienten auf. Die Autonomie bleibt auch in schwierigen Situationen gewahrt.
Aber auch auf einer rechtlichen Ebene können schriftliche Vorausverfügungen von jedem einzelnen formuliert werden, die den Willen zum Ausdruck bringen. Wir reden dann von Patientenverfügungen.
Das Patientenrechtsgesetz von 2013 sieht vor, dass sich eine Person hinsichtlich gesundheitlicher Maßnahmen vorab rechtsgültig äußern kann, die dann für den Fall gelten, wenn der eigene Wille nicht mehr rechtsgültig geäußert werden kann. Hier können konkrete Maßnahmen erlaubt oder verweigert werden. Diesen Willen gilt es zu achten. Das zeigt sich insbesondere bei der Ablehnung von lebensverlängernden Maßnahmen. Das Berufsethos des Arztes verlangt Leben zu verlängern, jedoch muss sich der Arzt an Patientenverfügungen halten und somit die Patientenautonomie wahren.
Fallanwendung: Marius A. (40 Jahre alt) ist kerngesund und legt eine Patientenverfügung in Anwesenheit seiner Ehefrau auf. Er verfügt, dass er lebensverlängernde Maßnahmen nicht erhalten möchte. Bei Kontrollverlust über seinen Körper und Geist, wenn er nicht mehr sprechen und selbstständig essen kann sowie nur noch ans Bett gefesselt sein sollte, möchte er, dass weitere ärztliche Schritte unterlassen werden. Marius A. möchte niemanden zur Last fallen und so der Natur ihren Lauf lassen.
Ein halbes Jahr nach der Aufsetzung der Patientenverfügung kommt es zu einem Autounfall. Marius A. liegt nun im Wachkoma. Die Genesungschancen sind aus medizinischer Sicht gut, auch wenn dies mehrere Monate bis Jahre dauern könnte. Die Patientenverfügung steht plötzlich zur Diskussion.
Hat diese nun Wirksamkeit und muss ausgeführt werden? Es geht schließlich um den schriftlich geäußerten Willen. Überlege.
Als erstes muss das Autonomieprinzip in den Blick genommen werden. Hier wird die Wahrung des frei geäußerten Willens in den Vordergrund gerückt. Der geäußerte Wille des Patienten muss vom Arzt und den Angehörigen (Dritten) geachtet werden. Dies kann manchmal schwer sein. Auf der anderen Seite hat der Arzt die Pflicht das Leben des Patienten zu jeder Zeit bestmöglich zu schützen. Dies verlangt der hippokratische Eid, nach dem das Leben zu schützen und Schaden abzuwehren ist.
Hieraus ergibt sich ein klares Dilemma: Das Nicht-Schadensprinzip des Arztes steht der Autonomie des Patienten gegenüber. Eine klare Entscheidungsantwort ist hier nicht sofort möglich.
Der Fokus muss nun auf den möglichen Maßnahmen liegen. Dafür liegen mehrere Modelle zur Verfügung (paternalistisch/ informativ/ deliberativ). Worauf aber immer geachtet werden muss, ist eine mögliche Patientenverfügung. Diese ist als rechtsverbindliches Dokument zu beachten. Der darin festgehaltene Wille muss eingehalten werden. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit Patientenverfügungen ist daher angeraten. So werden diverse Maßnahmen besprochen und Sensibilisierungsarbeit geleistet, die eine eventuelle Überforderung in der Situation verhindert.