Ein zentraler Philosoph in dieser Debatte ist der US-Amerikaner Ronald Dworkin (1931-2013). Der Wert menschlichen Lebens wurde im Vorfeld schon mehrfach beleuchtet. Nach Dworkin muss eine freie Gesellschaft es jedem Einzelnen gestatten, diese zentrale Frage am Lebensende selbst entscheiden zu können. Dass dies keine leichtfertige, spontane Entscheidung darstellt, liegt auf der Hand – es geht um den eigenen Glauben, das Gewissen und die Überzeugungen. Am Lebensende muss auch das Recht auf persönliche Entscheidungsfreiheit gelten und nicht durch Außenstehende aufgezwungen werden.
In dem Sterben selbst spiegeln sich verschiedene Religionen und moralische Bekenntnisse. Die Bandbreite reicht vom Sterben mit allen Mitteln hinauszuzögern bis hin zum vorzeitigen Todeseintritt.
In der Debatte wird zumeist auf den Schmerz verwiesen. Natürlich können wir mithilfe von Medikamenten und Therapien Schmerzen lindern, doch bleibt immer eine Art von Schmerz, welche die Betroffenen unterschiedlich stark wahrnehmen. Eine vollständige Unterdrückung ist bei einem wachen Patienten meist auch nur für kurze Zeit möglich. Am Ende vieler schwerer Erkrankungen stehen dennoch häufig Hilflosigkeit und Schmerzen bis hin zur Bewusstlosigkeit.
Es kommt auf die freie Willensäußerung des Einzelnen an. Ein Staat, so Dworkin, sollte nicht per Erlass vorschreiben, eher sollten Wünsche toleriert werden. Dabei sollte aber immer ein möglichst langer Erhalt des Lebens im Vordergrund der Handlungen stehen.
So sollten auch Ärzte dem Sterbewunsch eines Patienten nachkommen können. Ebenso wenn Angehörige und Verwandte dies für ihr Familienmitglied wünschen.
Sieh dir folgenden Fall einmal an:
Bei Herrn Müller wurde vor zwei Jahren ein Tumor im Oberkieferknochen diagnostiziert. Therapeutische Maßnahmen zeigten keinen Erfolg. Es kam zur Ausweitung bis ins Gesicht. Herr Müller hat andauernd starke Schmerzen. Aufgrund der Entstellung im Gesicht verlässt er das Haus nicht mehr. Er bittet seinen Arzt, ihm eine tödliche Substanz zu beschaffen. Diesen Wunsch bespricht Herr Müller mit seiner Frau und den beiden Kindern und hofft auf deren Verständnis für seine Entscheidung. Überlege.
In solch einer schwierigen Situation sind mehrere Personen betroffen und eventuell auch überfordert. Es geht aber immer um den Wert und die Würdezuschreibung menschlichen Lebens. Dabei wird schnell klar, dass eine Zuschreibung, was würdevoll sein soll, keine einfache Aufgabe ist. Schließlich findet eine Bewertung der aktuellen und zukünftigen Lebensumstände statt. Demzufolge ist auch die Entscheidungsfreiheit (Autonomie) des Betroffenen in allen Lebensphasen zu wahren. Es geht darum, sich mit sich selbst zu beschäftigen und einen individuellen Weg zu beschreiten. Dabei sollten Außenstehende nur in einer beratenden Funktion als Unterstützung zur Seite stehen. Niemals sollten daraus Zwänge hervorgehen, die dann in nicht gewollten Handlungen (heteronom) münden.
So muss auch der behandelnde Arzt auf seine Rollenwahrnehmung Acht geben. In solch einem Beispiel steht das Berufsethos dem Patientenwillen gegenüber. Ein Arzt hat Leben zu retten und nicht die Aufgabe, eben dieses aktiv zu beenden. Die Ausschöpfung aller Maßnahmen zur Genesung bzw. zur Linderung von Schmerzen bis zum Lebensende sind hier von höchster Relevanz. Dementsprechend müssen Wünsche unter Einbeziehung und Beratung möglicher Alternativen toleriert werden.