Was versteht man unter Palliativmedizin und wann kommt sie zum Einsatz? Grundlegend hat die Palliativmedizin das Ziel dem Patienten eine möglichst hohe Lebenszufriedenheit, Lebensqualität und Selbstständigkeit zu erhalten – auch wenn keine Heilung mehr möglich ist. Die letzte Phase des Lebens sollte enttabuisiert werden, um einen menschlicheren Umgang mit sterbenden und trauernden Menschen zu realisieren.
Grundlagen für diese schwierigen Sterbephasen lieferte die schweizerisch-US-amerikanische Psychiaterin und Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross (1926-2004). Ihr Anliegen bestand darin, die Öffentlichkeit für dieses Thema zu sensibilisieren und zu zeigen, dass man mit sterbenden Menschen sprechen kann, sie wahrnehmen kann und muss und Sterben eine wichtige Lebensphase ist. Kübler-Ross beschreibt fünf Phasen der seelischen Entwicklung schwerkranker Menschen:
1. Phase | Nichtwahrhabenwollen |
2. Phase | Zorn |
3. Phase | Verhandeln |
4. Phase | Depression |
5. Phase | Zustimmung |
Das ist ein möglicher Weg, der durchlaufen werden kann. Abweichungen in Länge und Dauer der Phasen variieren von Mensch zu Mensch, ebenso in der Reihenfolge. In allen Phasen ist Hoffnung präsent. Die Hoffnung auf Heilung oder Wunder ist prägend. Für Pflegende und Außenstehende ist es wichtig, dass die Hoffnung zugelassen, sie aber nicht weiter bestärkt wird.
Um diesen Weg ertragbar für alle Beteiligten werden zu lassen, bietet die Palliativmedizin, als „heilende“ Medizin, die Möglichkeit zur Verbesserung der Situation. Im eigentlichen Wortsinn steht Pallium (lat.) für einen Mantel, der sich umhüllend um den Schwerstkranken legt und sich bemüht eine möglichst gute Funktion der verbleibenden Fähigkeiten in diesem Lebensumstand zu schaffen.
Wirkungsbereiche der Palliativmedizin sind: die Linderung von Schmerzen, die Verbesserung der Atmung und der Nahrungsaufnahme, die Ermöglichung einer Teilnahme an der sozialen Gemeinschaft und der Verbleib im Kreis der Familie.
Das Ziel der Palliativmedizin besteht darin, Leid und Leidensdruck von den Kranken und deren Angehörigen zu nehmen und ihnen trotz ihrer Erkrankung eine neue Lebensqualität ohne Vereinsamung zu geben.
Entscheidend ist hierbei, dass gemeinsam realisierbare Ziele und Wünsche für das Weiterleben mit der schweren Krankheit erarbeitet werden. Bis zum Lebensende gilt es, die Autonomie des Individuums zu achten. Hierbei ist es auch möglich, zu Hause im familiären Umfeld palliativ begleitet zu werden, wenn es medizinisch realisierbar ist.
Die Medizin kann in erheblichem Maße Einfluss auf den Verlauf von Krankheiten nehmen und den konkreten Todeszeitpunkt verschieben. Durch Forschung ist es bereits möglich geworden, das Leben zu manipulieren. Krankheiten können bekämpft bzw. therapiert werden. Allerdings haben sich dadurch auch neue Situationen ergeben, in denen wir genau abwägen müssen, wie wir als Gesellschaft mit diesen Möglichkeiten umgehen wollen – Stichwort Stammzellen- und Genforschung.
Viele Menschen haben den Wunsch, nicht sterben zu müssen. Wir wollen immer länger leben. Doch wie alt sollen wir werden? Die Forschung arbeitet daran, dass wir immer älter werden – vielleicht 150 Jahre oder mehr?
In uns Menschen herrscht seit jeher der Drang nach längerem Leben. Und so forschen Biogerontologen stetig an den Ursachen des Alterns. Der Philosoph Sebastian Knell sieht die biotechnischen Möglichkeiten der Lebensspannenverlängerung differenziert. Es geht dabei um eine Verlängerung der biologischen Jugend und entsprechender geistiger Jugend. Er wirft die Frage auf, ob unser Geist, der unausweichlich altert und Erfahrungen sammelt, einen Punkt erreicht, an dem das Leben dann nicht mehr als reizvoll wahrgenommen würde.
Es ergeben sich Folgefragen, wie: Was fangen wir mit all der Zeit an? Sind dann quasi „mehrere“ Leben, Jobs, Familien denkbar? Die Möglichkeiten der Selbstverwirklichung würden durch solche Perspektiven auf jeden Fall wachsen.
Dieser Drang hat aber auch Kehrseiten, die es zu beachten gilt: Überbevölkerung und Gerechtigkeit (hat jeder die selben Rechte oder nur besser finanziell ausgestattete Menschen). Auch heute schon sind wir mit einer Überbevölkerung konfrontiert. Andere Möglichkeiten, wie Gentherapien, sind kostenintensiv und werden möglicherweise nicht allen Gesellschaftsschichten zur Verfügung stehen. Die Konsequenz ist eine Verschärfung der Zweiklassengesellschaft. Unausweichlich ist somit eine Solidargemeinschaft, die daran Interesse hat, für alle die Sorge zu tragen und finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.
Der Philosoph Knell regt uns alle zum Nachdenken an – unbegrenztes Fortleben, muss das wirklich sein? Die Mehrheit würde das Verneinen, aber eine Ausweitung der Lebensspanne erscheint mit den gentechnischen Möglichkeiten heutzutage denkbar.
Was aber immer mitbedacht werden muss, ist der Verantwortungsbegriff (siehe Kapitel „9 Verantwortungsethik“ auf Seite 68). In diesem Zusammenhang ist eine Technikbewertung relevant. Dabei sollten stets Technikstand und Entwicklungsmöglichkeiten analysiert, unmittelbare und mittelbare technische, gesundheitliche, ökologische, soziale und andere Folgen der jeweiligen Technik abgeschätzt und nach ethischen Kriterien bewertet werden. Hans Jonas ist ein solcher Philosoph, der uns mahnt, mit Forschungsmöglichkeiten und -ergebnissen behutsam umzugehen. Eine Umkehr und Rückführung von möglichen Schritten im Bereich der Genetik ist nicht unbedingt realisierbar. Die Konsequenzen sind heutzutage noch nicht vollends absehbar und sollten daher wohl überlegt sein.
Im Bereich Medizinethik wurden in den letzten Jahren häufiger die Aspekte Hirnforschung, Enhancement und Sterbehilfe abgefragt.
Bei der Hirnforschung, welche die Grundlage unseres Denkens und Handlungsursache darstellt, fand häufig eine Kombination mit Rechtsfragen statt. Dies zielt auf eine Anwendung der Menschenbilder ab, wie z.B. Freud, und die sich daraus ergebenden Chancen und Risiken für unsere Gesellschaft.
Der Aspekt genetische Manipulation (Human Enhancement) blickt ebenso auf Chancen und Risiken für die Betroffenenkreise. Dabei werden der Utilitarismus und Kants Ethik vergleichend mit einbezogen, um den Würdebegriffe und die sich ergebenden Fragen zu Menschenbildern bewerten zu können.
Einen ebenso relevanten Bereich stellt noch die Sterbehilfedebatte dar. Dabei wird das Gewaltmonopol des Staates hinsichtlich des Tötungsverbotes und der Rolle des Arztes im Verhältnis zu einem sterbewilligen Patienten in den Fokus gerückt. Ein Vergleich mit Kants Ethik wird hierzu gerne angewendet.